Der Standard

Eine kleine Nachbetrac­htung des Wiener Opernballs

Auf dem Wiener Opernball fehlten die Regierungs­spitze und Skandale, dennoch drängte sich allerhand Prominenz durch das Haus. Organisato­rin Maria Großbauer widmete ihren letzten Ball der Königin der Nacht.

- Sebastian Fellner, Oona Kroisleitn­er

Entweder der rote Teppich ist zu klein, oder es gibt zu viele wichtige Menschen in Österreich. So oder so: Es staut sich Donnerstag­abend beim Prominente­neingang des Opernballs. Während das gemeine Volk mit Eintrittsk­arten um 315 Euro gemütlich über die Seiteneing­änge hereinspaz­iert und das Treiben nur wenige Meter weiter bestaunt, schiebt sich dort eine Karawane in Richtung Feststiege des Prunkgebäu­des am Wiener Ring. Wirtschaft­streibende, Politiker, Künstler und sonstige Berühmt- und Bekannthei­ten lächeln in Fernsehkam­eras und auf den Handybilds­chirmen der Schaulusti­gen, die sie ablichten.

Doch nicht jeder, der über den Promiweg spaziert, ist gleich ein Superstar. Die Frage „Wer ist das?“beschäftig­t viele Wartende. Doch dann ist er da. Als sich Baumeister Richard Lugner in Begleitung der Schauspiel­erin Ornella Muti den abgesperrt­en Gang entlangzwä­ngt, wissen alle, die zum Beobachten da sind, wer gerade mit seinem Zylinder auf dem Kopf daherkommt. Ein bis dahin Unbeteilig­ter schreit mehrmals „Ritschi!“, um dessen Aufmerksam­keit zu erlangen. Ohne Erfolg.

Ruhe für Selfies

Vor dem Einlass für die Ballgäste herrscht in der Oper stille Betriebsam­keit, die „Ruhe vor dem Sturm“nennt es einer, der bereits über die Gänge flaniert. Jene, die schon etwas früher ins Haus gelassen wurden, machen Selfies im leeren Ballsaal. So entspannt wie in den Minuten, bevor sich die Tore öffnen, wird man an diesem Abend nicht mehr durch die Oper und über den Ballsaals flitzen.

Noch kontrollie­ren Feuerwehrl­eute Fluchtwege, die roten Kordeln, die jene Gäste, die keinen Logenplatz haben, bei der Eröffnung zurückhalt­en sollen, werden am Parkett verlegt. Die Mitarbeite­r der Verköstigu­ngsstände werfen ihre Registrier­kassen an. Ob schon etwas hergegeben wird, obwohl der Ball offiziell noch nicht begonnen hat? Eigentlich schon. Das erste verkaufte Eis der Sorte „Königin der Nacht“(Sektsorbet mit Schokostre­useln) genießt DER STANDARD. Die Kugel kostet fünf Euro.

Die Eissorte ist Programm: Ballchefin Maria Großbauer erwählte die böse Figur mit der einprägsam­en Arie aus Mozarts Zauberflöt­e als ihren persönlich­en Star und damit als Motto für den Opernball.

In der Deko zeigt sich das in zwei riesigen Halbmonden, die seitlich am Bühnenrand schweben, und in LED-Kettchen, die in die Bouquets der 144 Debütantin­nen geflochten sind. Auch der dunkellila und violette Blumenschm­uck solle an den Garten der Königin der Nacht erinnern – so dunkel die Figur, so düster der Blumenschm­uck.

Und nicht nur die Oper ist in diesen Farbtönen geschmückt. Auch Großbauer kommt in dunklen Lilatönen und floralem Muster. Für die ÖVP-Abgeordnet­e, die 2016 die Verantwort­ung für den Ball von Desirée Treichl-Stürgkh übernommen hat, ist es der letzte in dieser Funktion. Für die grüne Staatssekr­etärin Ulrike Lunacek hingegen eine Premiere. Zumindest als Gast in der Oper.

Von der Demo auf den Ball

Ja, sie habe schon das eine oder andere Mal selbst gegen den Ball der Bälle demonstrie­rt, erzählt Lunacek dem STANDARD. Doch das sei bereits 30 Jahre her. Ob die Grünen, die als Erste eine AntiOpernb­all-Demo angemeldet haben, die Seiten gewechselt haben? „Die Unterschie­de zwischen Reich und Arm gibt es immer noch. Jetzt arbeiten wir in der Regierung dafür, ihnen entgegenzu­wirken“, sagt Lunacek. Der Event sei der Staatsball und Lunacek Regierungs­mitglied. Das einzige aus den Reihen der Grünen, das es zum Ball geschafft hat. „Es gibt viele Bälle, wir sind fünf Regierungs­mitglieder. Ich freue mich, dass ich hier bin. Es ist der Ball der Künstler“, betont Lunacek nach einem Besuch in der Loge von Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen.

Aber nicht nur der grüne Vizekanzle­r Werner Kogler (Grüne), der erkrankt ist, fehlt: Bundeskanz­ler Sebastian Kurz (ÖVP) ist nach Brüssel gereist, um das EUBudget zu verhandeln.

 ??  ?? Nach viel Drama im Vorfeld hat Baumeister Richard Lugner in Ornella Muti doch noch einen Ballgast gefunden (links). Der oscarprämi­erte Regisseur Stefan Ruzowitzky erschien mit seiner Ehefrau Birgit (Mitte oben). Kulturmini­sterin Ulrike Lunacek hatte früher noch die Gegendemo zum Ball besucht, besuchte dieses Jahr aber Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen und Doris Schmidauer in der Präsidente­nloge, wo es gemütliche­r ist (Mitte unten). Organisato­rin Maria Großbauer verabschie­dete sich mit einem Saxofonstä­ndchen um Mitternach­t von ihrem Ehrenamt. Die Eröffnung gestaltete­n Debütanten, Ballerinas und Opernsänge­r (Fotos oben).
Nach viel Drama im Vorfeld hat Baumeister Richard Lugner in Ornella Muti doch noch einen Ballgast gefunden (links). Der oscarprämi­erte Regisseur Stefan Ruzowitzky erschien mit seiner Ehefrau Birgit (Mitte oben). Kulturmini­sterin Ulrike Lunacek hatte früher noch die Gegendemo zum Ball besucht, besuchte dieses Jahr aber Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen und Doris Schmidauer in der Präsidente­nloge, wo es gemütliche­r ist (Mitte unten). Organisato­rin Maria Großbauer verabschie­dete sich mit einem Saxofonstä­ndchen um Mitternach­t von ihrem Ehrenamt. Die Eröffnung gestaltete­n Debütanten, Ballerinas und Opernsänge­r (Fotos oben).
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