Der Standard

Der sehr seltene Verhindere­r einer Schnellstr­aße

- Klaus Taschwer

Vermutlich wissen die wenigsten Österreich­er, dass diese Vogelart überhaupt existiert. Bei jenen, die vom Triel schon gehört haben und die östlich von Wien zu

Hause sind, dürfte die Nennung dieser Spezies dafür umso heftigere Reaktionen hervorrufe­n.

Der in etwa taubengroß­e und in unseren Breiten extrem seltene Vertreter der Regenpfeif­erartigen ist nämlich verantwort­lich dafür, dass die Zukunft der Marchfeld-Schnellstr­aße S8 ähnlich gefährdet ist wie der Vogel in Mitteleuro­pa – nämlich sehr.

Würde die unzureiche­nd geplante Schnellstr­aße tatsächlic­h gebaut werden, dann würde das mit ziemlicher Sicherheit das Ende des Triels im östlichen Marchfeld nahe Markgrafne­usiedl bedeuten. Gemeinsam mit einem kleinen Brutgebiet im Steinfeld nordöstlic­h von Wiener Neustadt sind das die einzigen Stellen, wo der Triel im zentralen Mitteleuro­pa noch vorkommt – bei rückläufig­en Beständen.

Gab es Anfang dieses Jahrhunder­ts in Österreich noch 20 bis 30 Brutpaare, so waren es im östlichen Marchfeld 2019 nur noch zwei, im Steinfeld noch sieben bis neun Trielpärch­en, die hier brüteten, um sich dann im September zu ihrer Reise ins afrikanisc­he Winterquar­tier aufzumache­n.

Warum der Vogel, der in Bodenkuhle­n brütet, so selten geworden ist, liegt nicht allein daran, dass er wegen des Insektenst­erbens immer weniger Futter findet. Der Triel braucht Trockenras­engebiete sowie Kiesund Schotterbä­nke an den Ufern naturbelas­sener Flüsse. Bevor die Donau reguliert wurde, war der Triel deshalb sogar noch im heutigen Stadtgebie­t von Wien anzutreffe­n.

Dass heute die Anzahl der Brutpaare nicht ganz exakt bestimmbar ist, liegt auch daran, dass der Triel erst in der Dämmerung aktiv wird und zudem perfekt an sein Habitat angepasst ist: Sein Gefieder ist sandfarben und mit einer dunklen Strichelun­g durchzogen. Auffällig sind nur der gelbe Schnabel, die gelben Augen und die gelben Beine mit den leicht verdickten Fersengele­nken, weshalb die Briten den Vogel auch Thick-knee nennen, was anatomisch streng genommen falsch ist.

Bei der „Sichtung“verlassen sich die Experten deshalb meistens auf ihre Ohren: Den charakteri­stischen Lauten, die der Vogel von sich gibt, verdankt der Triel auch seinen Namen. Wie er zu seinem wissenscha­ftlichen Gattungsna­men Burhinus kam, ist indes umstritten. Aus dem Griechisch­en hergeleite­t bedeutet das nämlich Rinderhaut.

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Foto: Getty

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