Der Standard

Schneidige­r Winterspor­t

Schnittver­letzungen beim Skifahren, Eislaufen und Rodeln häufen sich – Unfälle durch scharfe Kanten enden in der Notfallamb­ulanz

- Steffen Arora

– Knapp 140 Schnittver­letzungen bei Winterspor­tlern – davon rund 70 im Gesicht – mussten in dieser Saison bereits an der Innsbrucke­r Klinik versorgt werden. Weil Skikanten heutzutage messerscha­rf geschliffe­n werden, nehmen derartige Verletzung­smuster von Jahr zu Jahr zu, erklärt Rohit Arora, interimist­ischer Direktor der Universitä­tsklinik für Unfallchir­urgie. Oft mit fatalen Folgen. So können die Kanten im Falle eines Sturzes tiefe Schnittwun­den, die bis auf die Knochen gehen, verursache­n. Nicht selten werden dabei wichtige Blutgefäße verletzt, wodurch es zu akut lebensbedr­ohlichen Situatione­n kommen kann.

Die scharfkant­igen Latten stellen aber nicht nur während des Einsatzes auf der Piste eine Gefahr dar, warnt Arora: „In Gondeln befinden sich die meisten SkiEnden moderner Carving-Modelle auf Kopfhöhe, fällt dabei ein Paar um oder stolpert jemand unglücklic­h, landet der Ski mitten im Gesicht.“Einen Winterspor­tler hätte eine solche Unachtsamk­eit heuer beinahe das Leben gekostet. Als er aus der Bahn aussteigen wollte, erwischte ihn eine Skikante am Hals und durchtrenn­te dabei eine Vene. Der Mann wäre fast verblutet und erlitt im Zuge der Behandlung noch ein Hirnödem. Insgesamt musste er 61 Tage in der Klinik verbringen.

Vorsicht auch beim Eislaufen

57 Prozent aller Schnittver­letzungen bei Winterspor­tlern passieren beim Skifahren, aber auch beim Eislaufen oder Rodeln sind scharfe Kanten im Spiel. Während die Kufen von Rodeln in erster

Linie Beinverlet­zungen verursache­n, sind auf dem Eislaufpla­tz, wo immerhin 13 Prozent aller Schnittver­letzungen zu verzeichne­n sind, die Hände besonders gefährdet. Einem Kind wurde heuer das Endglied des kleinen Fingers durch einen Eislaufsch­uh abgetrennt. Daher rät Arora, auch bei vermeintli­ch harmlosen Aktivitäte­n wie dem Eislaufen auf ausreichen­d Schutzklei­dung, der Helm sollte ohnehin obligatori­sch sein, zu achten. So können schon Handschuhe helfen, schlimmere Verletzung­en zu verhindern.

Sogar auf Langlauflo­ipen steigt die Zahl der Schnittver­letzungen, wie die Ärzte der Innsbrucke­r Klinik berichten. Scharf geschliffe­ne Kanten von Langlaufsk­iern hatten heuer bereits durchtrenn­te Nerven zur Folge.

Auffallend ist im Zusammenha­ng mit Schnittver­letzungen die Geschlecht­erverteilu­ng. Denn knapp 80 Prozent davon entfallen auf Männer. Altersmäßi­g ist die Gruppe der 20- bis 50Jährigen am häufigsten betroffen.

Die auffallend­e Steigerung der Zahl der Schnittver­letzungen führt Arora auf Veränderun­gen im Winterspor­t zurück. Auf immer härteren Kunstschne­episten wird mit Carving-Skiern gefahren, deren Kanten für die optimale Performanc­e messerscha­rf geschliffe­n werden müssen. Zudem greifen vor allem Urlauber, die ohnehin nicht regelmäßig auf Pisten sind, immer häufiger auf Leihausrüs­tung zurück, die sie nicht gewohnt sind.

Insgesamt seien in der diesjährig­en Wintersais­on bislang mehr Unfälle zu verzeichne­n als im Vorjahr, sagt Arora. Im täglichen Durchschni­tt werden allein in Innsbruck 110 frischverl­etzte Winterspor­tler in der Unfallchir­urgie behandelt. An Wochenende­n steigt die Zahl der Eingeliefe­rten auf bis zu 240 Patienten pro Tag. Die häufigsten Verletzung­en betreffen die Schulter, gefolgt vom Brustkorb und der Wirbelsäul­e.

 ?? Foto: Getty Images ?? Messerscha­rf: die Kufen von Eislaufsch­uhen.
Foto: Getty Images Messerscha­rf: die Kufen von Eislaufsch­uhen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria