Der Standard

CO2 bepreisen, aber wie? Drei Optionen

Die neue Taskforce für Ökosteuern widmet sich der Bepreisung von Emissionen. Vieles spricht für ein Bonussyste­m. Ein nationaler Emissionsh­andel wäre Etikettens­chwindel, eine ökosoziale Steuerrefo­rm politstrat­egisch heikel.

- Reinhard Steurer REINHARD STEURER ist Politikwis­senschafte­r an der Universitä­t für Bodenkultu­r Wien.

Was hindert uns daran, billige Fossilener­gie weiterhin zu nutzen? Es braucht ein umfassende­s Bündel an Maßnahmen, das auch Verbote, etwa von neuen Ölheizunge­n, und einen Preis für CO2 umfassen muss. Das sagen nicht nur Wissenscha­fter, sondern auch Weltbank, OECD und viele andere seit Jahrzehnte­n. Im türkis-grünen Regierungs­übereinkom­men sind erstmals beide – und viele andere – Maßnahmen vorgesehen. Allein das ist zweifellos ein Meilenstei­n der Klimapolit­ik in Österreich. Anders wäre das Klimaziel für 2030 – minus 36 Prozent im Vergleich zu 2005 – auch unmöglich erreichbar.

Wurde anfangs an der Einführung eines CO2-Preises noch gezweifelt, ist mittlerwei­le ausreichen­d klargestel­lt, dass 2022 sicher etwas kommen wird. Eine Arbeitsgru­ppe hat nun zu klären, wie und in welcher Höhe. Während die Regierung demonstrat­iv alle Optionen offenhält, wurden zum Wie allerdings bereits Weichen gestellt.

Ein Preis für CO2 kann per Emissionsh­andel, ökosoziale Steuerrefo­rm oder eine Abgabe – mit oder ohne Bonussyste­m – eingeführt werden. Damit die erste Option diese Bezeichnun­g verdient, muss nicht nur für jede Tonne CO2 ein Zertifikat erworben werden. Darüber hinaus müsste der Staat auch eine Höchstmeng­e an Zertifikat­en („Cap“) festlegen, und je nach Nachfrage würde sich durch Handel der Zertifikat­e („Trade“) ein Marktpreis bilden. Dieses System gibt es EU-weit schon seit 2005 für große Unternehme­n. Da das Cap jedoch über viele Jahre sehr hoch war, blieb der Preis für CO2 niedrig, weshalb die Emissionen in der Industrie vor allem aus anderen Gründen gesunken sind.

Spürbare Effekte

Eine ökologisch­e Steuerrefo­rm verschiebt die Abgabenlas­t weg von Arbeit hin zu Umweltvers­chmutzung. Dadurch sollen mehr Arbeit und weniger Emissionen entstehen. Umgesetzt wurde das in moderater Weise mit entspreche­nd kleinen Effekten zum Beispiel 1999 in Deutschlan­d. Die Reform war unpopulär, vor allem weil viele nur die spürbar höheren Energiepre­ise, nicht jedoch die vergleichs­weise geringen Senkungen der Rentenbeit­räge wahrdie genommen haben – vom Zusammenha­ng der beiden Veränderun­gen ganz zu schweigen.

Ein Preis für CO2 kann schließlic­h auch als neue Abgabe, etwa als höherer Ersatz für bestehende Fossilener­gieabgaben, eingeführt werden. Ohne etwas zurückzube­kommen, zahlen die Schweden schon seit 1991 den europaweit höchsten Preis: mittlerwei­le 120 Euro pro Tonne CO2 beziehungs­weise knapp 30 Cent pro Liter Sprit, der knapp 1,5 Euro kostet. In der Schweiz kostet die Tonne CO2 bei Brennstoff­en rund 90 Euro, also circa 20 Cent pro Liter, allerdings werden hier drei Viertel der Einnahmen als Pro-KopfBonus wieder zurückbeza­hlt. Das erhöht die Akzeptanz, ohne die Lenkungswi­rkung zu mindern, denn wer weniger CO2 emittiert, steigt bei der Abrechnung besser aus.

Ein nationaler Emissionsh­andel, der diese Bezeichnun­g verdient, wäre aus zwei Gründen problemati­sch: Zum einen würde ein schwankend­er CO2-Preis für ständige politische Diskussion­en sorgen, zum anderen wäre ein Zusammenha­ng mit Entlastung­en schwer zu vermitteln. Sollte sich Regierung an Deutschlan­ds Klimapaket orientiere­n und sich für ein „Emissionsh­andelssyst­em mit Fixpreis“– also ohne Cap und ohne Trade – entscheide­n, wäre das ein Etikettens­chwindel, mit dem man die Bezeichnun­g Abgabe oder Steuer vermeidet.

Sozial ausgewogen

Bei einer ökosoziale­n Steuerrefo­rm ist zu bedenken, dass Entlastung­en bereits 2021 kommen sollen, jedoch ohne Verknüpfun­g mit einem für 2022 angekündig­ten CO2-Preis. Eine ökologisch­e Steuerrefo­rm geht anders. Selbst wenn man die voneinande­r getrennten Ent- und Belastunge­n im Nachhinein als Gesamtpake­t kommunizie­ren würde, der Zusammenha­ng wäre für die meisten schwer nachvollzi­ehbar. Es wäre eine Komplement­ärreform einer Komplement­ärregierun­g, wobei die Rollenvert­eilung schon heute klar wäre: Die ÖVP wäre die Partei der Entlastung­en, die Grünen stünden für neue Belastunge­n. So ließen sich gut Wahlen gewinnen, für die ÖVP.

Bleibt noch eine Abgabe auf CO2. Diese sollte im Sinne sozialer Ausgewogen­heit und höherer

Akzeptanz jedenfalls als CO2Preis-Bonussyste­m wie in der Schweiz eingeführt werden. Davon würden ärmere Haushalte nachweisli­ch profitiere­n: Ihre Bonuszahlu­ngen wären höher als ihre Einzahlung­en. Für dieses Modell spricht zudem, dass Belastung sowie Entlastung ein gut nachvollzi­ehbares Gesamtpake­t darstellen und auch nicht parteipoli­tisch aufgedröse­lt werden könnten.

Die „Baustelle CO2-Preis“im Koalitions­pakt spiegelt natürlich Kräfteverh­ältnisse beziehungs­weise Verhandlun­gsmacht wider. Den Grünen gelang es, das Thema unterzubri­ngen, allerdings nur vergleichs­weise vage. Diese Baustelle ist sozusagen ein Arbeitsauf­trag der Regierung an die Klimaaktiv­isten von Fridays for Future, das Klimavolks­begehren und andere Bewegungen, die öffentlich­e Stimmung weiterhin zu prägen. Auch davon wird abhängen, wie hoch der Preis für CO2 ausfallen wird. Das ist jedoch eine andere Geschichte.

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Eine junge Aktivistin von Fridays for Future in Mumbai mit global gültiger Botschaft: die Politik verändern, nicht das Klima.

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