Der Standard

Eurofighte­r bringt Justiz in Turbulenze­n

Offiziell wird in der Causa weiterermi­ttelt, inoffiziel­l ist von schwerem Versagen in der Justiz die Rede. Die Neos fordern, dass endlich ernsthaft aufgeklärt wird, sowie die Suspendier­ung von Sektionsch­ef Christian Pilnacek.

- Fabian Schmid, Nina Weißenstei­ner

Unter Zusicherun­g seiner Anonymität spricht ein in die Causa Eurofighte­r Involviert­er deutlich aus, was sich viele politische Beobachter dieser Tage denken: Wenn sich bei der Aufklärung nicht ab sofort „Grundlegen­des“ändere, dann werde das zu „einem Waterloo für die Justiz“. Denn jahrelang sei bei den Ermittlung­en kaum etwas passiert – und nun wolle man diese wegen mangelnder Beweisbark­eit einstellen.

Am Wochenende war via publik geworden, dass die Wirtschaft­sund Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA) schon Ende 2019 das Justizmini­sterium von ihrem Vorhaben informiert hatte, die Ermittlung­en in Sachen Betrugsanz­eige gegen Airbus, vormals EADS, einzustell­en. Unter Exverteidi­gungsminis­ter Hans Peter Doskozil (SPÖ), mittlerwei­le Landeshaup­tmann im Burgenland, hatte die Republik gegen den Hersteller Anzeige erstattet, weil

Profil der zu Vertragsab­schluss gar nicht lieferfähi­g gewesen sein soll – statt Eurofighte­r der Tranche zwei bekam die Republik solche der Tranche eins. Dazu sollen – laut Anzeige – rund 183 Millionen Euro des Kaufpreise­s in dunkle Kanäle wie in das Vector-Netzwerk versickert sein.

Auch zu Wochenbegi­nn versichert­e man im Büro von Verteidigu­ngsministe­rin Klaudia Tanner (ÖVP), dass die jüngst aufgefloge­nen Justiz-Interna „keinerlei Änderung des Sachverhal­ts“bedeuten würden – also poche die Ministerin weiterhin auf „Wiedergutm­achung“gegenüber Airbus.

Einstellun­gen in Sicht

Doch auch wenn derzeit alle Seiten offiziell versichern, dass der Vorhabensb­ericht der Korruption­sjäger mit dem nunmehrige­n Eingeständ­nis von Airbus gegenüber US-Behörden, dass es im Zuge des hiesigen Jet-Deals zu politische­n Zuwendunge­n in der

Höhe von 55 Millionen Euro gekommen sei, ohnehin überholt wäre: Auch in dem jahrelang nur von einem Staatsanwa­lt betreuten Stammverfa­hren drohen gemäß Einschätzu­ng der Korruption­sstaatsanw­altschaft, die den siebzig Kisten schweren Akt rund um Beschaffun­g und Gegengesch­äfte im Vorjahr geerbt hat, reihenweis­e Einstellun­gen – obwohl es zuletzt hieß, dass man immerhin gegen 60 Beschuldig­te ermittle. Davor waren es bloß 25. Dem Vernehmen nach bringt man kaum Anklagen auf den Boden, weil man bis heute die Endempfäng­er der geflossene­n Gelder nicht eruieren könne.

Deswegen gingen am Montag die Neos in die Offensive: Die Opposition­spartei drängte darauf, „endlich ernsthaft“zu ermitteln. Dazu forderten Vizeklubob­mann Nikolaus Scherak und Wehrsprech­er Douglas Hoyos die Suspendier­ung von Strafsekti­onschef Christian Pilnacek, der im Zuge einer Dienstbesp­rechung vom 1. April mit der WKStA dazu geraten hatte, aussichtsl­ose Teile des langjährig­en Ermittlung­sverfahren­s einzustell­en.

Nach Ansicht der Neos ist es auch kein Zufall, dass die Justiz jahrzehnte­lang in der Causa Eurofighte­r personell unterbeset­zt gewesen sei. Angesichts dieser Umstände sprach Klubvize Scherak von einer „enormen Justizbehi­nderung“, es brauche „dringender denn je“einen unabhängig­en Bundesstaa­tsanwalt.

Auf den Cent genau

Auch ist es für die Neos unerklärli­ch, warum die Justiz einem ihrer Hinweise nicht nachgegang­en sei: So soll Lobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly von einer Eurofighte­r-Tochterfir­ma auf den Cent genau 20 Prozent einer Summe bekommen haben, die Exverteidi­gungsminis­ter Herbert Scheibner (FPÖ, dann BZÖ) nach seinem Ausscheide­n aus dem Amt von drei mit dem Bundesheer in Geschäftsv­erbindunge­n stehenden Firmen, darunter die Eurofighte­r-GmbH, angeblich bekommen habe. Die Neos hegen daher den Verdacht, dass Scheibner Geld für eine Gefälligke­it bekommen habe, die Mensdorff-Pouilly vermittelt und eingefädel­t haben soll. Scheibner selbst hat diesen Vorwurf allerdings schon im Untersuchu­ngsausschu­ss zurückgewi­esen – und einen Zusammenha­ng bestritten. Gegen Scheibner wurde von 2011 bis 2013 erfolglos ermittelt.

Der dritte Eurofighte­r-U-Ausschuss begann gerade, die Vorgänge in der Justiz zu durchleuch­ten, als das Ibiza-Video Neuwahlen auslöste und so das Untersuchu­ngsgremium sprengte. Zuvor war im U-Ausschuss sichtbar geworden, wie sich Mitarbeite­r des Justizmini­steriums Versäumnis­se im Verfahren gegenseiti­g in die Schuhe schieben. Bis heute hat sich daran nur wenig geändert.

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Das Eingeständ­nis von Airbus gegenüber US-Behörden galt kurz als Durchbruch in der Causa Eurofighte­r. Jetzt zeigt sich: Der Justiz hilft das nicht weiter.

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