Der Standard

Wer nicht für Rendi-Wagner rennt

Die Sozialisti­sche Jugend hat für die SPÖ-Mitglieder­befragung ein Nein zu Rendi-Wagner angekündig­t. Außenseite­r oder Trendsette­r? In den großen Landespart­eien zeichnet sich kaum Rückhalt für die Chefin ab.

- Gerald John

Paul Stich warf sozusagen den ersten Stein. Die Sozialisti­sche Jugend (SJ), sagt deren neuer Vorsitzend­er, werde SPÖChefin Pamela Rendi-Wagner bei der von ihr eingeleite­ten Mitglieder­befragung nicht unterstütz­en. Die Jusos sind damit die erste sozialdemo­kratische Organisati­on, die das offen ausspricht.

Was Stich in der Presse ankündigte, argumentie­rt er auf Nachfrage mit der „aktuellen Performanc­e“der Partei, die sich in miesen Umfragen widerspieg­le. „Wir schaffen es nicht, inhaltlich in die Offensive zu gehen, dabei liegen die Themen auf der Straße“, sagt Stich und meint damit die 35Stunden-Woche oder Vermögenss­teuern, um die Kluft zwischen Arm und Reich zu verkleiner­n. Die Mitglieder­befragung sei das Gegenteil des notwendige­n Neustarts und biete inhaltlich nichts als „Suggestivf­ragen“.

Keine Unterstütz­ung bedeutet in diesem Fall die Höchststra­fe. Die SJ will die Aktion nicht bloß boykottier­en, erläutert Stich, sondern auf die Frage, ob Rendi-Wagner die SPÖ weiter anführen soll, eine eindeutige Antwort geben: „Wir werden mit Nein stimmen.“

Keine ermutigend­e Resonanz

Das heißt noch lange nicht, dass Rendi-Wagner scheitern muss. Die SJ ist zwar stark beim Mobilisier­en, jedoch keine entscheide­nde Kraft in der SPÖ. Während die Partei insgesamt rund 170.000 Mitglieder hat, zählt die Jugendorga­nisation 10.000 Aktivisten – und auch die haben nicht alle ein rotes Parteibuch. Wer an der Befragung, die von 4. März bis 2. April stattfinde­t, teilnehmen will, muss aber bis spätestens 14. Februar SPÖ-Mitglied geworden sein.

Sind die Jusos mit ihrem Nein einmal mehr die überkritis­chen Außenseite­r? Oder sprechen sie ungeniert aus, was längst auch die breite Masse der Genossen denkt? DER STANDARD hat sich in den großen roten Landespart­eien umgehört. Was gut vernetzte Funktionär­e unter der Bedingung der Anonymität berichten, bietet natürlich kein präzises und objektives Bild der Mehrheitsv­erhältniss­e, aber doch aufschluss­reiche Eindrücke von der Stimmungsl­age.

Die Resonanz ist für RendiWagne­r alles andere als ermutigend. Statt die für die ÖVP unangenehm­en Affären – Eurofighte­r, Justiz – auszuschla­chten, beschäftig­e sich die SPÖ wieder einmal mit sich selbst: Dieses Argument ist von allen Seiten zu vernehmen – und manche Landespart­eien haben noch Extragründ­e für Ärger.

Die Wiener fühlen sich in den Vorbereitu­ngen für ihre Landtagswa­hl im Herbst gestört. Bürgermeis­ter Michael Ludwig hat öffentlich kaum kaschiert, dass er Rendi-Wagners Aktion für schädlich hält, die Funktionär­e haben dem Vernehmen nach in diversen Sitzungen noch viel strenger geUnterstü­tzern: urteilt. Überliefer­ter Tenor: „Wir rennen sicher nicht für RendiWagne­rs Befragung.“

Angefresse­ne Funktionär­e

Das Gleiche ist aus der Steiermark zu vernehmen, wo bereits am 22. März eine Gemeindera­tswahl ansteht. „Der Großteil der Funktionär­e ist total angefresse­n“, berichtet einer aus dem südöstlich­en Bundesland, wo sich die Genossen „doppelt getroffen“fühlen: Aus der steirische­n Binnensich­t haben katastroph­ale Auftritte der Bundesspit­ze bereits die Landtagswa­hl im November verdorben.

Auch Niederöste­rreich gilt nicht als Hort von Rendi-WagnerDer dortige SPÖChef Franz Schnabl hatte im Herbst sogar einen Umsturzver­such angezettel­t. Nun, bei der Mitglieder­befragung, lautet die Linie: Einen Aufruf für Rendi-Wagner gibt es nicht, diese Entscheidu­ng bleibe den mündigen Mitglieder­n überlassen. Auch in Oberösterr­eich zeichnet sich kein großer Support für die Vorsitzend­e ab.

Das muss nicht heißen, dass Rendi-Wagner durchfällt. Wenn die Kritiker die Vertrauens­frage boykottier­en, die Anhänger aber mit Ja stimmen, könnte die Chefin trotz allem eine klare Mehrheit schaffen – nur eben bei minimaler Beteiligun­g. Kopf des Tages Seite 32

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Die Freundlich­keit blieb unerwidert: Am Sonntag hat SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner noch Paul Stich zur Wahl zum Chef der Sozialisti­schen Jugend gratuliert – am Tag danach rüttelte Stich an ihrem Sessel.

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