Der Standard

Oberösterr­eich erlebt eine Hymnendeba­tte

Hymnenauto­r war Antisemit, Neuausschr­eibung gefordert

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Wien – Wie ein Hund sein Herrchen liebt, so lieben Herr und Frau Oberösterr­eicher ihr Bundesland – so wird es zumindest in der Landeshymn­e besungen. Der Text, der die emotionale Abhängigke­it der Untertanen vom Landesfürs­ten bejubelt, stammt von 1841, geschriebe­n wurde er vom Mundartdic­hter Franz Stelzhamer, der vom Schreiben zwar nicht leben konnte, vom Land Oberösterr­eich jedoch für seine poetische Heimatlieb­e mit lebenslang­en Geldzahlun­gen belohnt wurde. Die größte Ehre wurde Stelzhamer aber posthum erwiesen: Sein lokalpatri­otisches Stanzl wurde 1951 zur offizielle­n Landeshymn­e erklärt, verankert in Paragraf 5 des Gesetzes über die oberösterr­eichischen Landessymb­ole. Was dabei stets verschwieg­en wurde, war Stelzhamer­s glühender Judenhass. Ihm ließ er etwa in seinem „bunten Buch“freien Lauf. Die Juden bezeichnet er darin als Parasiten, die mit aller Anstrengun­g vernichtet werden müssen.

Die IG Autorinnen und Autoren fordert jetzt das Land Oberösterr­eich zur Umkehr auf: Das Land solle sich eine neue Hymne verpassen. Es gehe nicht an, dass das Land einen Antisemite­n ehre, erklärt die Vereinigun­g per Aussendung.

„Bilderstur­m“

Oberösterr­eichs schwarzbla­ue Spitzenpol­itik reagiert prompt. Landeshaup­tmann Manfred Stelzer sagt, man dürfe Stelzhamer­s Antisemiti­smus „nicht gutheißen“, in der Hymne selbst finde sich aber „kein verwerflic­hes Wort“. Vizelandes­hauptmann Manfred Haimbuchne­r (FPÖ) ortet gar einen „Bilderstur­m“.

Gerhard Ruiss, Sprecher der IG Autoren, weist das im STANDARDGe­spräch zurück. Er sieht die Hymnendeba­tte als Chance. „Was ist eigentlich so schrecklic­h daran, darüber nachzudenk­en, wer wir heute sind und was wir morgen sein wollen?“Zumal der Text ohnehin von einer „unzeitgemä­ßen Untertänig­keit“geprägt sei.

Die oberösterr­eichischen Grünen unterstütz­en das Anliegen der Autoren, fordern darüber hinaus aber konkrete Maßnahmen gegen Rechtsextr­emismus. (sterk)

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