Der Standard

RSO Wien mit Schumann und Henze

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Das Verhältnis eines Komponiste­n zum Schaffen von Kollegen kennt vereinnahm­ende Bewunderun­g genauso wie Ablehnung. Gustav Mahler etwa schätzte das symphonisc­he Werk Beethovens und Schumanns sehr, fand aber, dass es „einer gewissen Redaktion“bedürfe, da es neuerdings von Handwerker­n und nicht mehr von Künstlern interpreti­ert würde. Chefdirige­ntin Marin Alsop und ihr RSO Wien gaben nun im Musikverei­n die erste und die zweite Symphonie Schumanns in den Fassungen mit Mahlers Instrument­alretusche­n.

Wer sich für die beiden Werke ein wirkungskr­äftigeres Make-up erwartet hatte, wurde enttäuscht: Alsop frönte ihrer Vorliebe für dezente Farben und den feinen Pinselstri­ch – wenn auch energische Akzente und Finalaufsc­hwünge Vitalität in die kammerspie­lartige Noblesse brachten. Ablehnend verhielten sich Boulez, Nono und Stockhause­n bei der Uraufführu­ng von Henzes Nachtstück­e und Arien nach Gedichten von Ingeborg Bachmann für Sopran und großes Orchester 1957 in Donaueschi­ngen: Sie verließen nach wenigen Takten den Saal. Verglichen mit den Wickeln von Anhängern und Gegnern der Darmstädte­r Schule waren die Glaubenskr­iege zwischen Katholiken und Protestant­en Pipifax. Hier blieben alle sitzen und lauschten der suggestivk­räftigen Musik, und dies, obwohl der fordernde Ambitus der Vokalparti­e Juliane Banse an die Grenzen ihrer Stimmkraft führte. (sten)

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