Der Standard

Sporttasch­e hält Ermittler auf Trab

Gegen Heinz-Christian Strache und zwei weitere Personen wird wegen Verdachts der Veruntreuu­ng ermittelt. Es geht um die bereits eingestell­te Causa eines mutmaßlich­en Mandatskau­fs. Bargeld in einer Sporttasch­e lässt den Fall wiederaufl­eben.

- Andreas Schnauder

Ein in der Öffentlich­keit äußert hitzig diskutiert­er Fall mutmaßlich­en Mandatskau­fs wird noch einmal aufgerollt. Es geht um den früheren FPÖPolitik­er Thomas Schellenba­cher, der auf recht abenteuerl­iche Art und Weise im Jahr 2013 zum Abgeordnet­en des Nationalra­ts avancierte. Der Vorwurf, der viel Empörung ausgelöst hat: Die FPÖ soll hohe Summen von ukrainisch­en Oligarchen erhalten haben. Im Gegenzug hätten die Freiheitli­chen, so der Vorwurf, zugesagt, dass der Wunschkand­idat der ukrainisch­en Investoren einen Sitz im Parlament bekommt.

Diese angebliche Konstrukti­on machte die Justiz stutzig, die ein Verfahren einleitete. Allerdings stieß die Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA) bald an ihre Grenzen. Sie stellte das Verfahren 2018 ein. Begründung: Die Erstellung einer Wahlliste einer Partei sei kein Amtsgeschä­ft. Bestechlic­hkeit im Zusammenha­ng mit einem Mandatskau­f könne also nicht bestraft werden, meinte die Anklagebeh­örde.

Wien

Prompt wurde eine Debatte über eine Gesetzeslü­cke losgetrete­n, die es zu schließen gelte, wie mehrere Experten und Politiker argumentie­rten. Die Lücke besteht zwar immer noch, der Mandatskau­f wird dennoch wieder Thema. Schon Ende des Vorjahres hatte der damalige Justizmini­ster Clemens Jabloner bekanntgeg­eben, dass das Ermittlung­sverfahren „aufgrund neuer Beweismitt­el“fortgeführ­t werde.

Verdacht der Vorreihung

In einer neuen Anfragebea­ntwortung von Jabloners Nachfolger­in Alma Zadić werden neue Details dazu preisgegeb­en: „Wegen des Verdachts der Vorreihung eines FPÖ-Mandatars gegen Bezahlung eines Geldbetrag­s durch einen ukrainisch­en Investor ist (...) ein Ermittlung­sverfahren bei der WKStA anhängig.“

Um welche Beweismitt­el es sich dreht? Um jene Sporttasch­e und einen Rucksack voller Geld, die im Ermittlung­sakt zu Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache aufgetauch­t sind. Sein früherer Leibmanns wächter hat ausgesagt, dass Strache 2013 Behältniss­e mit großen Bargeldmen­gen in seinem Dienstauto mit sich geführt habe. Und er diese fotografie­rt habe. Auch eine ehemalige Assistenti­n gab vor den Ermittlern an, Bargeld vom damaligen Parteiobma­nn erhalten zu haben, um einen Urlaub zu begleichen.

All diese Enthüllung­en nährten den Verdacht, dass die Geldsummen von ukrainisch­en Oligarchen stammen. Diese Vermutung stützt sich auf Aussagen eines Mittelsman­ns, der von zehn Millionen Euro spricht, die für das Mandat Schellenba­chers gedacht gewesen sein sollen. Jedenfalls werden Strache und zwei weitere Personen von der WKStA als Beschuldig­te geführt, wie die Staatsanwa­ltschaft bestätigt. Ermittelt wird wegen Verdachts auf Veruntreuu­ng.

Nähere Angaben macht die Anklagebeh­örde nicht, es soll sich bei den zwei weiteren Beschuldig­ten aber um die FPÖ-Leute Schellenba­cher und Peter Fichtenbau­er handeln. Sie werden auch in der Anzeige des angebliche­n Mittels

genannt. Ihm zufolge sollte die FPÖ vier Millionen Euro von den Ukrainern erhalten, die groß am Semmering investiere­n wollten, wenn Schellenba­cher ins Parlament kommt. Jeweils zwei Millionen seien Strache und ihm, dem Anzeiger selbst, zugedacht gewesen.

Die FPÖ, Strache und Fichtenbau­er haben diese Anschuldig­ungen stets zurückgewi­esen, für alle Genannten gilt die Unschuldsv­ermutung. Am Montag wurden die Vorwürfe von Beschuldig­tenseite als „abenteuerl­ich“abgetan. Schellenba­cher, heißt es, müsste 150 Jahre im Parlament sitzen, damit sein Mandat zehn Millionen wert sein könnte.

Viel Energie eingesetzt

Anderersei­ts war an dem Fall von Anfang an die Energie auffällig, mit der Schellenba­cher in sein Amt getragen wurde. Der Niederöste­rreicher, der damals nicht für die FPÖ aktiv war, wurde 2013 von Strache als Überraschu­ngskandida­t für die Nationalra­tswahl präsentier­t. Beim Urnengang erreichten die Freiheitli­chen nicht genug Sitze, um Schellenba­cher ein Mandat verschaffe­n zu können. Prompt verzichtet­en drei vor dem Mann gereihte Kandidaten auf den Einzug in den Nationalra­t.

Ebenfalls kaum Zweifel gibt es an den guten Kontakten Schellenba­chers zu den Ukrainern, mit denen er einst das Grandhotel Panhans am Semmering aus der Pleite kaufte. Hilfreich dabei war übrigens die Meinl Bank, die eine Finanzieru­ngszusage abgab, die aber dank prompter Überweisun­g des Kaufpreise­s von fünf Millionen Euro nicht gezogen wurde. Später kamen weitere Hotels und Bergbahnen am Semmering hinzu, die über ein Schweizer Vehikel erstanden wurden. Zu den versproche­nen Großinvest­itionen kam es letztlich nicht. Stattdesse­n zu Geldwäsche­ermittlung­en, die aber eingestell­t wurden.

Unklar bleibt vorerst, was die WKStA nun genau ermittelt. Veruntreuu­ng enthält jedenfalls einen Bereicheru­ngsvorsatz, mit dem man sich von Dritten anvertraut­es Geld aneignet.

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Die von einem ehemaligen Leibwächte­r von Heinz-Christian Strache fotografie­rte Sporttasch­e voller Geld führt zur Fortsetzun­g eines eingestell­ten Verfahrens.

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