Der Standard

Wo bleiben die Männer?

- Beate Hausbichle­r

Arbeit ist nicht nur Lohnarbeit. Das zeigt sich am heutigen Equal Pay Day deutlich, an dem wieder auf die Einkommens­schere zwischen Männern und Frauen hingewiese­n wird. Diese Schere wird immer wieder heftig debattiert und kleingered­et: 38 Prozent weniger Einkommen für Frauen bei einem Vergleich der Bruttojahr­eseinkomme­n? Eh klar! Frauen arbeiten ja auch weniger.

Dieses gängige Argument, das sich auf die hohe Teilzeitra­te bei Frauen bezieht, ist dreist. Es degradiert wichtige Arbeiten wie Kinderbetr­euung, Pflege von Alten und Kranken sowie Hausarbeit und blendet auch die Frage völlig aus, wo Männer in diesen Arbeitsber­eichen eigentlich bleiben. Schließlic­h fällt die Verteilung von bezahlter und unbezahlte­r Arbeit nicht vom Himmel. Nur jeder fünfte Vater geht in Österreich in Karenz, und dann meist sehr kurz, im Durchschni­tt nur rund zwei Monate.

Diese Arbeitstei­lung wird oft als individuel­le Entscheidu­ng dargestell­t. Allerdings fällt sie beim Gros der Menschen ähnlich aus. Es liegt offenbar mehr an unserer patriarcha­l geprägten Kultur als an persönlich­en Präferenze­n.

Doch statt mit Maßnahmen gegen die geschlecht­erspezifis­che Arbeitstei­lung befasst man sich lieber mit Handlungsa­nweisungen für Frauen: Die Karriere ernst nehmen! Hart bleiben bei Lohnverhan­dlungen! Keine Teilzeit!

Wo bleiben die Aufforderu­ngen an Männer, endlich ihren Anteil an der Familienar­beit zu leisten?

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