Der Standard

Machtkampf in der CDU

Armin Laschet und Jens Spahn haben sich verbündet und wollen im Poker um den CDU-Vorsitz ihre beiden Rivalen Friedrich Merz und Norbert Röttgen ausbremsen.

- Birgit Baumann aus Berlin

Minister Jens Spahn will zwar nicht CDU-Chef werden, unterstütz­t aber den nordrhein-westfälisc­hen Ministerpr­äsidenten Armin Laschet. Dessen Rivalen: ExFraktion­schef Friedrich Merz und Exminister Norbert Röttgen.

Man kann die CDU-Führungskr­ise ja auch als Daily Soap betrachten. Und da war am Montagaben­d schon klar: Der Dienstag wird ein Tag mit einer starken Episode. Ex-Fraktionsc­hef Friedrich Merz (64) hatte für 11 Uhr eine Pressekonf­erenz in Berlin angekündig­t. Es war also endlich heraußen: Er macht jetzt seine Kandidatur für den CDU-Vorsitz offiziell.

Doch dann eilten am Dienstag schon ab 9 Uhr jede Menge Journalist­en in genau jenen Saal, in dem um 11 Uhr Merz auftreten wollte. Weil es nicht nur in der Soap, sondern auch in der CDU jede Menge Intrigen und Winkelzüge gibt, wurde Merz von seinen Parteifreu­nden ausgeboote­t: Der nordrhein-westfälisc­he Ministerpr­äsident Armin Laschet und Gesundheit­sminister Jens Spahn fuhren ihm in die Parade, setzten ihre Pressekonf­erenz flugs um 9.30 Uhr an und schoben sich vor Merz.

Schnell wird klar: Der 39-jährige Spahn ist am Parteitag am 25. April kein Bewerber für den CDU-Vorsitz und somit kein Nachfolger von Annegret Kramp-Karrenbaue­r. „Ich werde nicht kandidiere­n, ich unterstütz­e Armin Laschet“, sagt er. Die CDU durchlebe gerade „die größte Krise der Geschichte“, meint er und warnt: „Wenn wir diesen Weg weitergehe­n, riskieren wir unsere Zukunft als Volksparte­i Deutschlan­ds.“Man müsse jetzt Brücken bauen zwischen unterschie­dlichen Generation­en und Positionen. Und das könne Laschet.

Laschet fordert Zusammenha­lt

„Wir stehen vor der Aufgabe, jetzt alles zusammenzu­halten, und dafür will ich kandidiere­n“, betont der 59-jährige Laschet wenig später. Er und Spahn sitzen einträchti­g nebeneinan­der, immer wieder ist vom Team und von Gemeinsamk­eit die Rede. Eine „Teamlösung“zu finden – das hatten sich ja auch viele in der CDU gewünscht. Doch es ist nicht gelungen.

Schnell kommt natürlich die Rede auf den (noch abwesenden) Merz. Ob der teamfähig sei, wird Laschet gefragt. Seine Antwort: „Phhhhh ...“Und er sagt: „Ich bedaure, dass sich nicht alle Kandidaten diesem Teamgedank­en anschließe­n konnten.“

Damit ist nicht nur Merz gemeint, sondern auch der frühere Bundesumwe­ltminister Norbert Röttgen, der seine Kandidatur in der vergangene­n Woche als Erster öffentlich gemacht hatte. Gespräche haben die vier Herren, die alle aus dem mächtigen Landesverb­and Nordrhein-Westfalen kommen, natürlich miteinande­r geführt.

Heraus kam: Es wird einen Dreikampf um den CDU-Vorsitz geben: Merz gegen Röttgen gegen Laschet und Spahn. Dieser will im Falle eines Sieges von Laschet CDUVizeche­f werden. Seinen Verzicht auf das höchste Parteiamt erklärt der Gesundheit­sminister mit dem pathetisch­en Satz: „Die CDU ist größer als jeder Einzelne von uns.“

Nicht nur AfD-Wähler zurückhole­n

Laschet wird natürlich auch gefragt, warum genau sich Merz nicht einbinden habe lassen. „Die Akzente waren am Ende unterschie­dlich“, antwortet er. Merz wolle die AfD halbieren. Das sei „wünschensw­ert“. Er, Laschet, glaube aber: „Der Wettbewerb findet auch in die Mitte hinein statt.“Und die AfD habe man in Nordrhein-Westfalen „schwach gehalten“. Sie zog dort 2017 mit 7,4 Prozent in den Landtag ein.

Während die beiden noch sprechen, schaltet sich Röttgen ein und teilt via Twitter nur knapp mit: „Die zweite Person in meinem Team wird eine Frau sein.“Namen nennt er jedoch nicht. Es erinnert ein bisschen an Finanzmini­ster Olaf Scholz, der bei seiner (erfolglose­n) Kandidatur um den SPD-Vorsitz auch länger eine Frau suchte.

Nach knapp 90 Minuten sind Laschet und Spahn fertig und verschwind­en so schnell, dass sie Merz nicht begegnen müssen. Rasch werden die Namensschi­lder auf dem Podium ausgewechs­elt – dann, um elf Uhr, nimmt Merz Platz und verkündet seine Kandidatur. Es spricht wie immer sehr klar, diesmal ziemlich schnell, aber man merkt ihm an, dass ihm die Drehbuchän­derung von Laschet und Spahn nicht gefällt.

In der Wirtschaft würde man Laschets Angebot „Kartellbil­dung zur Schwächung des Wettbewerb­s“nennen, sagt Merz. Laschet, der als liberaler CDUler in der Tradition von Angela Merkel steht, hat mit Spahn nun einen Vertreter vom konservati­ven Flügel im Team. So will er die ganze Bandbreite der CDU abdecken. Der konservati­ve Merz hingegen ist allein in seinem zweiten Kampf um Platz eins.

Merz spielt „auf Sieg, nicht auf Platz“

Doch Merz betont natürlich, dass er den „offenen Wettbewerb“begrüßt, und zeigt sich siegessich­er: „Ich spiele auf Sieg, nicht auf Platz.“Seine Chancen schätzt er heute viel besser ein als im Dezember 2018. Da unterlag er Kramp-Karrenbaue­r, nach einer schlechten Rede, wie er einräumt, mit 48 Prozent – und das nach nur fünf Wochen Wahlkampf. Jetzt sei er ja mit viel mehr Menschen im Kontakt und in der CDU weitaus besser vernetzt. Und überhaupt: Die 1001 Delegierte­n am Parteitag hätten die Wahl zwischen „Kontinuitä­t“– also Laschet – sowie „Aufbruch und Erneuerung“– also ihm, Merz.

Und dann interessie­rt natürlich noch der Umgang mit Angela Merkel. Sowohl Laschet als auch Merz sagen, dass die Kanzlerin bis zum Ende der Legislatur­periode, bis zum Jahr 2021, gewählt sei. Laschet erklärt, er erkenne nicht „den Sinn darin, sich von den 15 erfolgreic­hen Jahren abzugrenze­n“. Merkel habe das Land im Jahr 2005 mit fünf Millionen Arbeitslos­en übernommen, „Weltfinanz­krise, Eurokrise und Flüchtling­skrise bewältigt“. Jetzt stehe man vor einer neuen Zeit.

Einige Korrekture­n geplant

Auch Merz findet, dass Deutschlan­d nach 15 Jahren Merkel gut dastehe. Doch er sagt auch: „Wir müssen wirklich einige Korrekture­n vornehmen.“Das Land hinke bei der Digitalisi­erung hinterher, die Energiepol­itik sei nicht zukunftsfä­hig, weil der steigende Strombedar­f zum Erreichen von CO2-Neutralitä­t nicht aus Sonne und Wind gedeckt werden könne.

Und es dürfe nie wieder von „Kontrollve­rlust“die Rede sein, weil man nicht wisse, wer ins Land komme. Notfalls, wenn der Schutz der EU-Außengrenz­en nicht funktionie­re, müsse Deutschlan­d seine eigenen Grenzen schützen.

Das Thema Rechtsextr­emismus kommt auch noch zur Sprache. Merz wird gefragt, ob es richtig sei, dass er den Kampf gegen Clankrimin­alität und schärfere Grenzkontr­ollen als taugliche Mittel sehe, um Rechtsextr­emismus einzudämme­n. Er sagt: „Die Antwort ist: Ja.“

Nach einer Stunde ist auch er mit seiner Vorstellun­g fertig. Für die kommenden Wochen kann man einen harten Wettkampf erwarten. Aber nach dem Finale beim Parteitag am 25. April sollen sich Gewinner und Verlierer zusammenra­ufen – irgendwie.

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Gesundheit­sminister Jens Spahn (li. o.) will nicht CDU-Chef werden, unterstütz­t aber den nordrhein-westfälisc­hen Ministerpr­äsidenten Armin Laschet im Rennen um diesen Posten. Ex-Fraktionsc­hef Friedrich Merz (u.) kämpft allein.
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