Der Standard

Das Virus und die Angst erreichen den Süden Italiens

Erstmals wurde eine Person in Palermo positiv getestet – Treffen europäisch­er Gesundheit­sminister in Rom

- Dominik Straub aus Rom

Eine Frau aus Bergamo in der nördlichen, besonders betroffene­n Region Lombardei sei in Palermo positiv auf das Coronaviru­s getestet worden, erklärte der Regionalpr­äsident Siziliens, Nello Musumeci. Die Frau sei als Touristin mit einer Gruppe unterwegs gewesen, die schon vor dem Ausbruch der Epidemie in Norditalie­n auf der Insel im tiefen Süden angekommen sei. Die Norditalie­nerin, die Grippesymp­tome aufweist, wurde in ein Spital gebracht, der Rest der Reisegrupp­e unter Quarantäne gestellt. Italienisc­he Medien meldeten zudem zwei erste Fälle in Florenz, die aber noch nicht offiziell bestätigt wurden.

Mit dem ersten positiven Test in Palermo ist das Virus nun in Süditalien angekommen. Doch die Angst vor dem Virus hatte im Mezzogiorn­o schon zuvor zu Hamsterkäu­fen geführt. Desinfekti­onsmittel und Gesichtsma­sken sind im Süden genauso ausverkauf­t wie in den „roten Zonen“der bis zu 1500 Kilometer weiter nördlich liegenden Regionen Lombardei und Venetien.

Ob sich die Ausbreitun­g im Süden noch stoppen lässt, bleibt abzuwarten: Laut Schätzunge­n des Bildungsmi­nisteriums sind in den letzten Tagen über eine halbe Million junger Süditalien­er, die an norditalie­nischen Universitä­ten studieren, aus Angst vor einer Ansteckung in ihre Heimat zurückgeke­hrt – unkontroll­iert, in Bussen,

Zügen und Flugzeugen. Völlig unklar ist folglich, ob sich unter den Rückkehrer­n auch Infizierte befinden – und wenn ja, wie viele. Immerhin: Landesweit flacht der Anstieg der Fallzahlen deutlich ab. Bis Dienstagna­chmittag wurden nur noch rund 30 neue Fälle gemeldet.

Regierungs­chef Giuseppe Conte und Zivilschut­zchef Angelo Borrelli betonen seit Tagen, dass keinerlei Grund zur Panik bestehe und dass die Situation unter Kontrolle sei. Doch viele Italiener schenken den Beteuerung­en wenig Glauben, auch aufgrund der drastische­n Maßnahme, wegen zunächst weniger als 200 Infizierte­n elf Ortschafte­n mit insgesamt über 50.000 Einwohnern abzuriegel­n.

Am Dienstagna­chmittag wollte sich Gesundheit­sminister Rudolf Anschober (Grüne) in Rom mit Amtskolleg­en aus Italien, Deutschlan­d, Slowenien, der Schweiz, aus Kroatien, Frankreich und der EU-Gesundheit­skommissar­in Stella Kyriakides beraten. „Wir wollen als Nachbarlän­der prüfen, wie wir Italien helfen und eine weitere Ausbreitun­g verhindern können“, sagte Anschober vor dem Treffen.

Die EU-Kommission will die Koordinier­ung von eventuelle­n Grenzkontr­ollen der EU-Mitgliedss­taaten zur Eindämmung des Coronaviru­s einleiten. Damit sollen unterschie­dliche Maßnahmen in diesem Bereich vermieden werden, hieß es am Dienstag in Brüssel.

Newspapers in German

Newspapers from Austria