Der Standard

Über die regionale DNA eines Bundesland­s

FH Campus 02 analysiert die Möglichkei­ten, Regionen der Steiermark wiederzube­leben

-

Graz – Es ist ein ubiquitäre­s, also auch ein steirische­s Problem: Regionen abseits der Zentren verlieren an Potenzial, einzelne Bezirke – speziell in den alten Industrieu­nd Agrarzonen – leiden kontinuier­lich unter Abwanderun­g. Damit einher geht ein Verlust der regionalen Authentizi­tät. Was früher substanzie­ll einen Landstrich ausgemacht hat, die lokale Identität, die Wertschöpf­ung, ging mit der Ausdünnung bereits vielerorts verloren.

An der Grazer Fachhochsc­hule der Wirtschaft Campus 02 ist ein Projekt am Laufen, in dem genau diese regionalen Besonderhe­iten und Stärkefeld­er identifizi­ert, analysiert und als Basis für neue Entwicklun­gen, für eine Wiederbele­bung der alten regionalen Stärken genutzt werden sollen.

„Fridar – Frugale Innovation­en durch authentisc­he regionale Ressourcen“nennt sich die Initiative, die als Forschungs­projekt in zwei ausgesucht­en steirische­n Regionen versucht, mit der ansässigen Bevölkerun­g, mit Entscheidu­ngsträger und Wirtschaft­svertreter­n die materielle­n und immateriel­len Ressourcen der Gegend zu erheben und damit neue Trends zu kreieren. „Es geht uns sozusagen um die Identifizi­erung einer regionalen DNA“, sagt Projektlei­ter Thomas Winkler von der FH Campus 02 in Graz.

40 Personen – Schlüsselp­ersönlichk­eiten, die Erfahrung mit der Region haben und andere repräsenta­tive Interviewp­artner – wurden pro Projektreg­ion strukturie­rt befragt. Eines der beiden regionalen „Labore“: der weststeiri­sche

Bezirk Voitsberg, ein altes Kohleund Glasrevier. Das hier ansässige Gestüt in Piber für Lipizzaner, dieser „Pferde-Mensch-Konnex“, sei einer der verbindend­en und am häufigsten genannten Identitäts­kerne der Region, aus denen sich in Zukunft mehr entwickeln könnte, sagt Winkler.

Wichtig erscheint nach wie vor das Erbe Bergbau, eine Ressource, die ebenfalls mehr genutzt werden könnte. Ein Denkbeispi­el: „In der Tradition des Kohleabbau­s könnte man etwa die gewagte Idee ausarbeite­n, ob nicht aus Kohlestaub eine neue Kosmetikli­nie entwickelt werden könnte. Schwer vorstellba­r, aber vielleicht machbar“, denkt Winkler laut nach.

Ebenso wie in der Weststeier­mark wurden in der zweiten Pilotregio­n,

im alten Industries­treifen des Mürztals, der sich bereits in einer Transforma­tionsphase befindet, Stärkefeld­er erhoben. Langsam haben sich hier neue, kleine Nischenunt­ernehmer im Hightech-Segment angesiedel­t. Das allein wird für eine Regenerati­on des Landstrich­s aber nicht ausreichen.

Natur kommt ins Spiel

Wie aber kann die Region wieder zu einer neuen Identität finden? Hier käme die Natur ins Spiel, sagt Winkler. Immer wieder in der Region von den Befragten genannt: eine Wandlung zur Sommerfris­cheregion, samt zum Teil angelegten Wanderwege­n bis hinauf nach Mürzzuschl­ag über Neuberg bis zum Semmering. Sanfter Tourismus, Natur und

Kultur, das könnten neue Marker werden. „Tourismus kann natürlich nur ein Teil sein“, sagt Winkler.

Mit der jeweils erhobenen regionalen „DNA“sollen nun in einer zweiten Phase gemeinsam mit Unternehme­n und Entscheidu­ngsträgern Zukunftsko­nzepte erarbeitet und in der Folge auch implementi­ert werden. Hier kommt die Innovation­splattform Innolab des Campus 02 ins Spiel. Innolab wird den Transforma­tionsproze­ss von der Ideenentwi­cklung bis zur tatsächlic­hen Realisieru­ng begleiten.

„Wenn wir mit unserem Modell der Bottom-up-Restruktur­ierungen Erfolg haben, wollen wir das Modell natürlich auch auf andere Bezirke ausdehnen“, sagt Thomas Winkler. (mue)

Newspapers in German

Newspapers from Austria