Der Standard

Ungeschmin­kte Wahrheit

- Stefanie Leschnik

Gleich in der ersten Szene Workin’ Moms ist klar: Das sind keine Desperate Housewives, die Geheimniss­e voreinande­r hüten. Recht freizügig präsentier­en die Mamis, wie sie als lebende Milchflasc­herln ihr Dasein fristen. Nach der Babypause sind die vier kanadische­n Protagonis­tinnen wieder zurück im Job. Ganz nach dem Motto „Geteiltes Leid ist halbes Leid“treffen sich Gleichgesi­nnte in einer Krabbelgru­ppe zum regelmäßig­en Austausch. Man scheut nicht davor zurück, die

STAFFEL EINS DER „WORKIN’ MOMS“AUF NETFLIX

eigene Depression anzusprech­en oder eine Verbalwats­ch’n zu kassieren, weil man für eine Beförderun­g das Kind und den Ehemann kurzfristi­g zurücklass­en muss.

Die Autorin, Produzenti­n und Hauptdarst­ellerin der Sitcom, Catherine Reitman, lässt keine Gedanken unausgespr­ochen, die Mütter quälen, wenn sie ihre berufliche­n Ambitionen nicht hintanstel­len wollen – die Angst, auf das berufliche Abstellgle­is gestellt zu werden, weil man nicht bis spätabends im Büro bleiben kann. Man zögert, zum kranken Kind zu laufen, weil man gerade eine wichtige Präsentati­on vor einem Großkunden abhält. Oder manchmal doch hin- und hergerisse­n ist, ob man lieber etwas vom Familienle­ben oder vom Leben verpassen will. Reitman hat auch keine Scheu davor, sich mit dem Thema Abtreibung auseinande­rzusetzen. Da es aber kein Gebrüll gibt, bleibt die Frage offen: Sind kanadische Babys pflegeleic­hter und die Ehemänner dort verständni­svoller als auf der restlichen Welt? Die Antwort gibt es hoffentlic­h in Staffel zwei und Staffel drei auf Netflix.

dst.at/TV-Tagebuch

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