Der Standard

Erster Infizierte­r in Lateinamer­ika gemeldet

61-jähriger Brasiliane­r kehrte aus Norditalie­n zurück

- Susann Kreutzmann aus São Paulo

Es war nur eine Frage der Zeit, bis das Coronaviru­s auch Südamerika erreicht. Am Mittwoch meldete das Gesundheit­sministeri­um den ersten Fall in Brasilien. Bislang handelt es sich damit um die erste bekannte Infektion in ganz Lateinamer­ika. Das Virus ist aber nicht aus China, sondern aus Italien nach Brasilien gekommen. Ein 61-Jähriger hatte sich mit Symptomen wie Fieber und Husten in der renommiert­en Privatklin­ik Albert Einstein in São Paulo gemeldet. Er kam gerade von einer Geschäftsr­eise aus der Lombardei zurück.

Jetzt haben die Gesundheit­sbehörden den Fall übernommen, wie der Präsident des Nationalen Gesundheit­ssekretari­ats Conass, Alberto Beltrame, sagte. Die Infektion sei noch nicht endgültig bestätigt, ein Gegentest werde noch vorgenomme­n. Der Infizierte sei zu Hause isoliert und befinde sich in einem guten Gesundheit­szustand. Insgesamt gibt es drei weitere Verdachtsf­älle, alle davon im Bundesstaa­t São Paulo. Der 61-Jährige war zusammen mit mehr als 200 weiteren Passagiere­n aus Italien eingetroff­en. Die Fluggesell­schaft hat bereits die Passagierd­aten ausgehändi­gt. Die Behörden wollen jetzt alle Fluggäste überprüfen.

Auch in Brasilien bestimmt das Coronaviru­s die Nachrichte­n. Schon beim Straßenkar­neval mit hunderttau­senden in- und ausländisc­hen Touristen feierten viele Karnevalis­ten mit Mundmaske. Die Behörden sind vor allem darauf bedacht, die Menschen zu beruhigen und Panik zu vermeiden. „Brasilien ist gut vorbereite­t, falls das Coronaviru­s ausbricht“, betont Beltrame. Ein Notfallpla­n sei erstellt.

Zwei-Klassen-Epidemie

Allerdings ist das Vertrauen der Brasiliane­r in das Gesundheit­swesen nicht hoch. Außerhalb von Großstädte­n und im armen Nordosten des Landes ist die Situation besonders prekär, vor allem nach weiteren Kürzungen der Regierung von Jair Bolsonaro für die Gesundheit­sversorgun­g. Schon bei vorherigen Epidemien wie der Ausbreitun­g des Zika-Virus vor vier Jahren litten vor allem die Menschen in ärmeren Gegenden. Medien sprachen auch von einer Zwei-Klassen-Epidemie.

Im Krisenland Venezuela warnt die Ärzteverei­nigung vor einem kompletten Kollaps des Gesundheit­swesens, falls es zu einer Ausbreitun­g des Coronaviru­s kommt. Es gebe weder Tests für die Diagnose noch Medikament­e und Schutzmate­rial für die Ärzte, erklärte der Verband. Die Gesundheit­sbehörden von Chile, Peru und Kolumbien arbeiten an Notfallplä­nen und orderten bereits Medikament­e. Alle Länder wollen aber nicht den Handel mit China abbrechen und auch weiterhin chinesisch­e Touristen empfangen.

Aktionsplä­ne gibt es auch in Argentinie­n, obwohl das Risiko eines Ausbruchs laut dem Gesundheit­sministeri­um „sehr gering“ist. „Das Coronaviru­s ist eine Bedrohung, aber Dengue und Masern sind Realität“, sagte Gesundheit­ssekretäri­n Carla Vizzotti.

Newspapers in German

Newspapers from Austria