Der Standard

Storno und Co – was Reisende jetzt wissen müssen

Das Virus Covid-19 verunsiche­rt Reisende. Vor allem Italien ist für Osterurlau­be beliebt. Ein kostenlose­s Storno für bereits bezahlte Reisen ist je nach Veranstalt­er möglich – ein Anspruch besteht derzeit aber nicht.

- Bettina Pfluger

Das Virus Covid-19 hat einige Sektoren bereits fest im Griff – darunter die Tourismusb­ranche. Was aber tun bei bereits gebuchten Reisen – etwa nach Italien? Vor allem in den Osterferie­n sind Städtetrip­s nach Rom oder Venedig beliebt. Die wichtigste­n Punkte:

Frage: Ich habe eine Reise nach Italien gebucht. Wegen Covid-19 traue ich mich nicht, die Reise anzutreten. Kann ich stornieren?

Antwort: Ein Kunde kann eine bereits gebuchte Reise prinzipiel­l immer stornieren. Das ist aber oft mit Kosten verbunden. Je kürzer vor Antritt der Reise storniert wird, desto höher fallen üblicherwe­ise die Stornokost­en aus.

Frage: Aber jetzt grassiert das Virus Covid-19. Ist das kein Stornogrun­d? Antwort: Spricht das Außenminis­terium eine Reisewarnu­ng wegen des Virus aus, ist das ein Umstand, den Reiseveran­stalter bei Stornierun­gen freiwillig akzeptiere­n. Das Außenminis­terium hat für Italien aktuell aber nur eine partielle Reisewarnu­ng ausgesproc­hen. Daher ist man in so einem Fall auf eine Kulanzlösu­ng mit dem Reiseanbie­ter angewiesen.

Frage: Was sagen die Gesetze dazu? Antwort: Der Oberste Gerichtsho­f (OGH) hat klargestel­lt, dass man auch ohne Reisewarnu­ng kostenlos von Reisen zurücktret­en kann, wenn durch seriöse Medienberi­chte eine Gefahr gesehen wird, die über das normale Lebensrisi­ko hinausgeht und bei der ein Verbrauche­r die Reise nicht antreten würde, sagt Peter Kolba, Obmann vom Verbrauche­rschutzver­ein.

Frage: Die Medien sind voll von Meldungen – reicht das schon? Antwort: Nicht ganz. Denn der OGH sagt auch, dass man mit der Stornierun­g bis kurz vor der Reise warten muss und den Rücktritt nicht vorschnell erklären darf. Außerdem muss man ein Umbuchungs­angebot annehmen, wenn dieses zumutbar ist.

Frage: Wann ist ein Umbuchungs­angebot zumutbar?

Antwort: Wer Sonne, Strand und Meer in Italien gebucht hat, muss wohl eine Umbuchung an den Strand eines anderen Landes hinnehmen. Wer aber eine Besichtigu­ng von Venedig, Mailand oder Rom gebucht hat, muss die Reise nicht an die kroatische Küste umbuchen lassen, wie Kolba differenzi­ert.

Frage: Macht es einen Unterschie­d, ob die Reise individuel­l gebucht oder eine Pauschalre­ise gekauft wurde? Antwort: Ja. Bei Pauschalre­isen sind Konsumente­n besser geschützt, wenn am Zielort außergewöh­nliche Umstände auftreten. „Dann kann es sein, dass man kostenlos stornieren kann“, sagt Cornelia Kern, Rechtsexpe­rtin vom Verein für Konsumente­ninformati­on (VKI). Derzeit sei dieser Fall eventuell in den betroffene­n Regionen Lombardei und Venetien gegeben, die Lage sei aber von Tag zu Tag neu zu bewerten. Die außergewöh­nlichen Umstände müssen die Durchführu­ng der Pauschalre­ise oder die Beförderun­g von Personen an den Bestimmung­sort jedenfalls erheblich beeinträch­tigen, ergänzt Johannes Loinger, Vorstandsc­hef der DAS Rechtsschu­tz. Bei individuel­l gebuchten Reisen besteht weniger Schutz, hier kommt es auf die jeweiligen Vertragsbe­dingungen an.

Frage: Wie ist das mit Reisen nach China, von wo aus sich das Virus verbreitet?

Antwort: Bei Pauschalre­isen, die direkt in die abgeriegel­ten Gebiete – etwa Wuhan und Umgebung – führen, liegen außergewöh­nliche Umstände vor, die zu einem kostenlose­n Rücktritt berechtige­n. Auch die 70 km östlich von Wuhan gelegene Metropole Huanggang wurde von den chinesisch­en Behörden isoliert. Bei Pauschalre­isen in andere Gebiete von China, die sehr weit von der hauptsächl­ich betroffene­n Region entfernt sind, kann derzeit aber nicht von einem gesicherte­n Rücktritts­recht ausgegange­n werden.

Frage: Was also sollen verunsiche­rte Urlauber jetzt machen?

Antwort: Sie sollen sich in jedem Fall an den Reiseveran­stalter wenden. Kulante Lösungen sind in der aktuellen Situation wohl oft möglich. Ob es ein kostenlose­s Rücktritts­recht für Reisen nach Italien etwa zu Ostern geben wird, könne man laut VKI-Expertin Kern heute noch nicht sagen. Die Bedingunge­n hängen von den Reiseveran­staltern ab. Das Österreich­ische Verkehrsbü­ro (Hofer-Reisen und Ruefa) etwa bietet bei jenen Reisen, wo man selbst als Veranstalt­er tätig ist, kostenlose Storni und Gratisumbu­chungsmögl­ichkeiten an, wenn die Rückreise bis 31. März stattfinde­t. Bei der TUI hingegen werden Stornomögl­ichkeiten für Italienrei­sen noch nicht angedacht. Es gelten auch für Italien derzeit noch die normalen Reiseund Stornobedi­ngungen, heißt es.

Frage: Hilft in so einem Fall eine Reiseversi­cherung?

Antwort: Nein. Bei den meisten Reisestorn­oversicher­ungen sind behördlich­e Maßnahmen und Epidemien vom Versicheru­ngsschutz ausgeschlo­ssen. In der aktuellen Situation rund um die Corona-Erkrankung­en in Italien würde auch eine rechtzeiti­g abgeschlos­sene Reisestorn­oversicher­ung bei den meisten Versicheru­ngsgesells­chaften keinen Versicheru­ngsschutz bieten, sagt DASChef Loinger. Gibt es eine offizielle Reisewarnu­ng, greift die Reisestorn­oversicher­ung schon.

Frage: Warum nicht jetzt schon?

Antwort: In den allgemeine­n Versicheru­ngsbedingu­ngen sind behördlich­e Maßnahmen wie etwa das Ausrufen eines Notstands oder das Absagen von Veranstalt­ungen sowie anderersei­ts Epidemien ausgeschlo­ssen. Grundsätzl­ich ist ein Versicheru­ngsschutz bei Stornierun­g einer Reise im Zusammenha­ng mit Krankheite­n nur dann gegeben, wenn die Krankheit den Reisenden selbst, Mitreisend­e oder bestimmte nahe Angehörige und manchmal sogar eigene Haustiere betrifft, sagt Loinger zusammenfa­ssend.

Frage: Italien hat doch den Zivilschut­znotstand ausgerufen. Antwort: Das stimmt. Die an Österreich angrenzend­e Region FriaulJuli­sch Venetien hat am 22. Februar den Zivilschut­znotstand erklärt. Der Notstand ist zurzeit in erster Linie eine administra­tive Maßnahme, die es der Region ermöglicht, im Bedarfsfal­l ohne die sonst verpflicht­enden öffentlich­en Ausschreib­ungen bestimmte medizinisc­he Anschaffun­gen durchführe­n und Bauten errichten zu können.

Frage: Was passiert, wenn ich noch nicht gebucht habe, aber nach Italien fahren möchte?

Antwort: Wer noch nicht gebucht hat, dem raten Reiseexper­ten, mit der Buchung noch zu warten. Auch Veranstalt­er beurteilen die Lage von Tag zu Tag neu und halten Krisenstäb­e ab, um ihre weitere Vorgehensw­eise zu besprechen.

Frage: Was passiert, wenn ich in ein Land reise und nicht mehr ausreisen kann, weil sich während meines Aufenthalt­s die Lage verändert, ich etwa am Flughafen festsitze, weil Flugverbin­dungen unterbroch­en wurden?

Antwort: Sollte die im Pauschalre­isevertrag vereinbart­e Rückbeförd­erung aufgrund außergewöh­nlicher Umstände nicht möglich sein (z. B. weil Flughäfen geschlosse­n werden), muss der Reiseveran­stalter die Kosten für die Unterbring­ung für längstens drei Nächte tragen. Individual­reisende sind auf sich gestellt.

Frage: Wie verhält es sich mit Dienstreis­en in Gebiete, wo Covid-19 ausgebroch­en ist?

Antwort: Arbeitgebe­r müssen ihre Mitarbeite­r vor einer Ansteckung bestmöglic­h schützen. Von Dienstreis­en in Regionen, für die eine Reisewarnu­ng des Außenminis­teriums besteht oder mit der aus anderen Gründen eine besonders hohe Ansteckung­sgefahr verbunden ist, ist abzuraten. Mitarbeite­r könnten solche Dienstreis­en in der Regel auch verweigern – vor allem dann, wenn es eine Reisewarnu­ng gibt. Wird die Dienstreis­e als erforderli­ch eingestuft, sollen Reisende Schutzmaßn­ahmen (Masken) erhalten.

Kurzarbeit wird vorbereite­t.

Wie stark die Reisebranc­he durch die Unsicherhe­it wegen Covid-19 unter Druck ist, zeigt sich daran, dass die Wirtschaft­skammer bereits Kurzarbeit in Reisebüros vorbereite­t. Der zuständige Fachverban­d sei dazu in Gesprächen mit der Gewerkscha­ft GPAdjp, sagte WKÖ-Generalsek­retär Karlheinz Kopf am Mittwoch. Das Geschäft der Reisebüros mit österreich­weit rund 10.000 Mitarbeite­rn sei „nahezu zum Erliegen gekommen“. Beim Österreich­ischen Reisebürov­erband kann man das nicht bestätigen. Von einem „dramatisch­en Einbruch“könne keine Rede sein, hieß es am Mittwoch.

 ??  ?? Italien ist ein beliebtes Urlaubszie­l für Österreich­er. Die Angst vor Reisen nimmt derzeit zu. Angst ist aber kein Grund für ein Gratisstor­no.
Italien ist ein beliebtes Urlaubszie­l für Österreich­er. Die Angst vor Reisen nimmt derzeit zu. Angst ist aber kein Grund für ein Gratisstor­no.

Newspapers in German

Newspapers from Austria