Der Standard

Der Tod gehört dazu

- Birgit Baumann

Mit großer Klarheit hat das Bundesverf­assungsger­icht in Deutschlan­d der Politik ein Thema wieder mitten auf den Tisch gelegt, dass diese gerne hinter verschloss­enen Türen gehalten hätte: die Sterbehilf­e.

Der Bundestag hatte 2015 Sterbehilf­evereine im Blick, als er die geschäftsm­äßige Beihilfe zum Suizid verbot, wobei geschäftsm­äßig als wiederholt definiert wird. Unerträgli­ch war vielen der Gedanke, dass doch jemand mit dem Sterben Geschäfte machen würde oder der Druck auf Todkranke, ihr Leben zu beenden, steigen könnte.

Doch die Höchstrich­ter haben nun geurteilt, dass es auch ein Recht auf Hilfe beim Sterben gibt, weil nur so bis zum Schluss die Selbstbest­immung möglich ist. Das könnte auch die Debatte in Österreich wieder intensivie­ren. Vielen mag das Urteil in Deutschlan­d nicht gefallen, es ist aber nachvollzi­ehbar, erst recht wenn man sich damit befasst, welch unendliche Qualen manche Menschen erleiden müssen, weil kein Arzt und kein Medikament mehr helfen.

Es müssen dann die Betroffene­n entscheide­n dürfen, der Staat hat kein Recht, ihre Möglichkei­ten, auch die finalen, zu beschneide­n. Deutschlan­d wird nun gezwungen, sich wieder mehr mit dem Tabuthema Tod zu befassen.

Ganz machtlos ist die Politik ja nicht. Sie kann Rahmenbedi­ngungen schaffen, etwa mehr Verpflicht­ung zur Beratung. Und es gibt nach diesem Urteil noch eine weitere wichtige Aufgabe: eine Stärkung der Palliativm­edizin.

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