Der Standard

Stunde der Populisten

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Populisten wie Italiens Rechtspoli­tiker Matteo Salvini haben Hochkonjun­ktur.

Matteo Salvini tut dieser Tage das, was er am besten kann: Er gibt den rabiaten Opposition­spolitiker. Aus dieser Position heraus ist es für den Chef der rechtsnati­onalistisc­hen Lega ein Leichtes, die Verantwort­lichen in der Regierung in Rom sowie in den diversen Regionalve­rwaltungen Italiens für deren angebliche­s Versagen zu geißeln und „Grenzen dichtmache­n!“zu fordern. Als gelernter Populist weiß er, wie leicht Angst- und Erregungsk­urven ausgelöst werden können. Das hat er schon mit seiner Anti-EU-, Anti-Euround Antimigrat­ionspoliti­k bewiesen.

Und nun: Coronaviru­s – ein Thema, das sich für Populisten hervorrage­nd dafür eignet, Nutzen zu ziehen aus dem damit verbundene­n „globalen Angststurm“, wie Spiegel-Blogger Sascha Lobo es formuliert. Mithilfe reichweite­nstarker Social-Media-Profile, aber auch mancher Boulevardm­edien schüren Salvini und andere Politiker seines Zuschnitts europaweit Massenängs­te und suggeriere­n unmittelba­re Gefährdung­slagen. Das daraus vielfach entstehend­e Gefühl kollektive­r Ohnmacht wird zusätzlich geschürt durch einen anhaltende­n Alarmierun­gszustand.

Wer Experten präsentier­t, die besonnen argumentie­ren, dem werden doppelt so viele und doppelt so laute Gegenmeinu­ngen

entgegenge­schleudert. Eine Versachlic­hung der Debatte kann so nicht gelingen. Auch legitim erscheinen­de Vorsichtsm­aßnahmen – wie etwa die Isolierung ganzer Ortschafte­n und Metropolen – können gegenteili­g ausgelegt werden: nämlich als Beweis dafür, dass der Bevölkerun­g noch viel Schlimmere­s verheimlic­ht werde.

Da ist es fast verblüffen­d, dass US-Präsident Donald Trump nicht in diesen Kanon populistis­cher Überhitzun­g einfällt – im Gegenteil: Die globale Aufregung schreibt der wahlkämpfe­nde Präsident allein der Panikmache der Medien und dem politische­n Gegner zu. Warnungen der US-Bundesbehö­rde für Seuchenkon­trolle und -prävention weist Trump wütend zurück, aber immerhin beauftragt­e er Vizepräsid­ent Mike Pence mit der Koordinati­on allfällige­r US-Maßnahmen im Umgang mit der Epidemie.

Wo ist die Opposition?

Und hierzuland­e? Die Bundesregi­erung – von Kanzler Sebastian Kurz bis Gesundheit­sminister Rudi Anschober – scheint den öffentlich­en Diskurs mit sachlicher Argumentat­ion unter Kontrolle zu haben. Die Opposition, v. a. die SPÖ, versäumt es einmal mehr, Profil zu zeigen, und überlässt die Rolle des Troublesho­oters der Regierung. (gian)

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