Der Standard

Tierhaltun­g lässt keine Idylle aufkommen

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Wien – Österreich liebt das Schwein. Zumindest auf dem Teller. Auf 40 Kilo kommen Konsumente­n im Schnitt im Jahr. Einen Blick in die Ställe wagen die wenigsten. Das würde das Bild des Streichelz­oos, das viele im Kopf haben, auch gehörig trüben. Österreich ist, das Wohl der Nutztiere betreffend, in vielen Bereichen anderen Ländern der EU weit voraus. Schweine, die hierzuland­e millionenf­ach gemästet, exportiert, importiert und geschlacht­et werden, hat das Wohlverhal­ten bisher nicht erfasst. Supermärkt­e nutzen sie als Lockvögel, um Kunden in den Handel zu holen. Der Anteil an Biofleisch liegt bei weniger als zwei Prozent.

Das Gros der Schweine lebt auf Vollspalte­nböden auf 0,7 Quadratmet­ern ohne Einstreu. Anders als bei Geflügel und Rindern ist bei ihrem Futter der Einsatz von Gentech-Soja erlaubt. Zuchtsauen dürfen 206 Tage im Jahr im Kastenstan­d gehalten werden. Ferkel werden ohne Betäubung kastriert. Länder wie Deutschlan­d und Frankreich versuchen den schmerzhaf­ten Eingriff durch eine Impfung, die die hormonelle Reifung stoppt, zu ersetzen. Für viele österreich­ische Landwirte ist das allerdings kein Thema. In Deutschlan­d habe die teurere Impfung dazu geführt, dass Ferkel vermehrt aus Dänemark und den Niederland­en eingeführt werden, so der einhellige Tenor. Wertschöpf­ung werde damit vernichtet, Tierleid in Summe nicht gemildert, sondern das böse Gewissen lediglich ins Ausland verlagert.

Vorreiter bei Geflügel

Mehr getan hat sich bei Nutztieren wie Geflügel. In der Mast gibt Österreich Hühnern etwa deutlich mehr Platz als es Nachbarlän­der tun. Einen Quadratmet­er teilen sich hierzuland­e 18 Hendln mit in Summe 30 Kilogramm. Artgenosse­n aus biologisch­er Haltung sind per Gesetz auf dem gleichen Platz nur zu zehnt. Zum Vergleich: Die EU lässt auf einem Quadratmet­er bis zu 26 Hühner zu.

Auch Puten wird in Österreich doppelt so viel Platz gewährt wie im Ausland, was sich freilich auf ihren Preis auswirkt. Brüssel macht keinerlei Vorgaben zur Besatzdich­te. Das hat zur Folge, dass sich Industrie und Großhandel Putenfleis­ch im großen Stil aus dem Ausland holen.

Anders als in Österreich wird Geflügel dort überwiegen­d nicht gentechnik­frei gefüttert. Der Einsatz von Antibiotik­a gilt vor allem in Tierfabrik­en in Osteuropa als hoch.

Noch weniger heil ist die Welt der Küken. Zwar hat die Politik das Schreddern lebendiger Küken, die als unliebsame­s Nebenprodu­kt der Eiwirtscha­ft für die Mast nur bedingt taugen, mittlerwei­le verboten. Zehn Millionen überwiegen­d männliche Küken werden in Österreich aber nach wie vor vergast. Ein Verfahren, mit dem sich das Geschlecht bereits im Ei bestimmen lässt, hat sich bisher aus finanziell­en Gründen nicht durchgeset­zt.

Große Handelsket­ten wie Rewe, Spar und Hofer versuchen, mit biologisch­en und auch individuel­len Siegeln Akzente für mehr Tierwohl zu setzen. Sie verspreche­n mehr Raum und Bewegungss­pielraum bei der Aufzucht, gesünderes Futter und längeres Tierleben. Kostet dies erheblich mehr als konvention­elles Fleisch, bleibt es eine zwar emsig beworbene, jedoch kleine Nische im Kühlregal.

Sogenannte Turbomilch­kühe, die es in Deutschlan­d gibt und dort mittlerwei­le für massive Gülleprobl­eme sorgen, haben sich in Österreich­s Ställen noch nicht durchgeset­zt. Dennoch hat sich auch die Milchleist­ung hierzuland­e seit den 1950er-Jahren verdoppelt. Eine Mäßigung bei der Zucht scheint nicht in Sicht. (vk)

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