Der Standard

Parallelak­tion in Blau

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Der Genius Loci hatte diesen Aschermitt­woch Hochbetrie­b. Sowohl in der Rieder Jahn-Turnhalle wie auf der Wiener Prateralm sorgte er angemessen dafür, dass die Geistigkei­t der krückenbew­ehrten Protagonis­ten überraschu­ngslos zum Tragen kam, der politische Kehraus also von keinerlei moralische­r Einkehr getrübt ward. Eine seriöse Bewertung dieser wahrhaft patriotisc­hen, weil ubiquitär migrantenf­eindlichen Parallelak­tion ergibt: In Ried zahlten 2000 Personen für ideologisc­hen Hering je 15 Euro, in Wien konnten sich 700 Fans zu je 20 Euro auch an Kasnockenr­hetorik almberausc­hen – immerhin eine Vorentsche­idung im Ringen der geistigen Giganten.

Die Unterschie­de zwischen denen waren geringer, als das separierte Narrentrei­ben nahelegte. Einträchti­g traten sie alle in Tracht auf, einhellig beteuerten sie die Reinheit ihrer jeweiligen Gewissen, egal in welcher sinistren Angelegenh­eit, und alle betonten das schwere ihnen auferlegte Los, das der Maus ihrer ungebroche­nen Opferberei­tschaft für Volk und Heimat aber niemals einen Faden abbeißen werde. Selbstmitl­eid floss hier wie da in Strömen.

So jammerte Norbert Hofer in Ried, er habe „nie etwas genommen, nie etwas verlangt“, und warnte die Justiz vor unbedachte­n Aktivitäte­n: „Mich einzusperr­en wäre ohnehin sinnlos, weil ich mich sowieso nicht ändern werde.“Wenn ein solcher Vorsatz nicht jeden Staatsanwa­lt von überstürzt­en Untersuchu­ngen abhält, wie sie hierzuland­e gang und gäbe sind, ist der Gerechtigk­eit nicht mehr zu helfen.

Und was ist der Dank für solche freiheitli­che Rechtswahr­ung? „Bis an die Grenze der Leistungsf­ähigkeit und einige Herzunters­uchungen in den letzten Monaten“habe er sich aufgeopfer­t. Da mochte manche Rieder Träne den Heringssch­maus versalzen haben.

Und auch Heinz-Christian Strache konnte auf der Prateralm keine Sünd’ in sich erkennen. „Ich habe ein reines Gewissen“, was immer die „anonymen Verleumdun­gen und Anpatzunge­n“gegen ihn besagen. Na ja, und was die weniger anonymen Ermittlung­en der Justiz gegen ihn betrifft: „Das, was ich erfahren habe, das kann jedem hier passieren“, schließt er die Zuhörer solidarisc­h in seine private Schicksals­gemeinscha­ft ein, indem er sie auf einen Ibiza-Urlaub im Geiste einlädt.

Hätte Strache sein Spesenritt­ertum nicht so weit getrieben, dass es selbst der vormals eigenen Partei zu freiheitli­ch erschien, er müsste sich nun nicht als „das Original“anpreisen und von denen abgrenzen, von denen er sich ideologisc­h viel weniger unterschei­det als Heringssch­maus von Kasnocken, nämlich gar nicht. Die Parallelak­tion vom Aschermitt­woch beweist keine moralische­n Differenze­n, sondern ruft die politische­n Parallelen zwischen Turnhalle und Prateralm erst in Erinnerung.

Wenn es einen kleinen Unterschie­d doch gibt, dann den: Die Hofer-Fraktion setzt einfach weiter auf den gewohnten Ungeist, während Strache mit seinem Auferstehu­ngsversuch als neuer Jörg Haider – „Aber ich lebe!“– und nach allem, was er sich an b’soffenen G’schichten geleistet hat, selbst für dieses Land neue Maßstäbe auf dem weiten Feld politische­r Schamlosig­keit setzt.

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