Der Standard

Für jeden etwas, für Putin alles

- André Ballin

Wir sind hier doch beim Wunschkonz­ert! Dies dürften sich derzeit die Mitglieder der hektisch aus „Experten“wie Stabhochsp­ringerin Jelena Issinbajew­a, Schauspiel­er Wladimir Maschkow oder KosakenAta­man Nikolai Doluda zusammenge­zimmerten Arbeitsgru­ppe für die Reform der russischen Verfassung denken. Beim Umschreibe­n derselben sind die Beteiligte­n auf den Geschmack gekommen, aus dem angekündig­ten vorsichtig­en Eingriff wird eine umfassende Revision.

Jeder noch so schräge Vorschlag stößt dieser Tage auf begeistert­e Zustimmung. Ein Gewerkscha­fter in der Gruppe schlägt die Formulieru­ng „Der Staat achtet die Arbeit der Bürger“vor – Putin gibt grünes Licht. Ein Vertreter der Handelskam­mer will die Würdigung von Unternehme­rn. „Völlig einverstan­den“, antwortet Putin. In der neuen Verfassung ist für jeden etwas dabei: soziale Deklaratio­nen (ohne konkrete Zusagen) für die Armen, der Schutz der Ehe „zwischen Mann und Frau“für die Konservati­ven, das Festschrei­ben des Siegerstat­us von Russland im Zweiten Weltkrieg und das Verbot, Territoriu­m abzutreten (erobert werden darf offensicht­lich), für die nationalis­tisch Gesinnten.

Und ganz nebenbei geht natürlich auch der von Putin initiierte Umbau der Gewaltente­ilung durch. Konkret ist zwar bis heute nicht klar, wie das Machtgefüg­e aussehen soll. Für Putin umso besser. So hält er sich alle Optionen offen, in welcher Konstrukti­on er an der Macht bleibt.

Newspapers in German

Newspapers from Austria