Der Standard

Vollbad in Trumps güldenem Schein

Der US-Präsident hat die Republikan­ische Partei nachhaltig verändert. Aber auch die Demokraten sind nicht mehr die Gleichen wie vor vier Jahren. Wie vor ihm Donald Trump 2016 enteilt nun Bernie Sanders seinen Kontrahent­en und Kontrahent­innen. Und wie der

- Anna Giulia Fink, Manuel Escher

Wenn Donald Trump erst einmal Präsident ist, dann finden bald auch keine Wahlen mehr statt. Was vor knapp vier Jahren die Angst vieler Gegner des nunmehrige­n Staatschef­s war, hat die Republikan­ische Partei in South Carolina zu ihrem Programm gemacht. Sie sagte im vergangene­n Herbst die innerparte­iliche Vorwahl ab. „Man muss bedenken, dass die gesamte Partei den Präsidente­n unterstütz­t, wir werden daher das tun, was ihm nützt“, sagte Parteichef Drew McKissick ergebenst zur Begründung – und lieferte so indirekt eine Vorlage für Trumps interne Gegner, das Gegenteil zu beweisen.

Es gibt sie nämlich immer noch, jene Republikan­erinnen und Republikan­er, die sich nicht so recht mit einem Präsidente­n Donald Trump anfreunden können. Wie stark sie wirklich sind, ist freilich ein großes Rätsel: Finden sie sich doch in einer Partei wieder, in der sich viele einstige Kritiker als fanatische Anhänger des Präsidente­n präsentier­en; in einer Partei, in der von Abgeordnet­en meist nur noch im Schatten der Anonymität Kritik geäußert wird; und einer Partei, in der große Teile der Anhänger scheinbar bedingungs­los hinter Trump stehen – obwohl dieser die längste Zeit seines Lebens selbst nicht Republikan­er war. Sind sie zu wahren Gesinnungs­genossen des Präsidente­n geworden – oder bleiben sie nur so lange loyal, wie Trump ihnen gefährlich werden kann? Das ist eine der großen Fragen, die Beobachter der „Grand Old Party“dieser Tag umtreibt.

Den innerparte­ilichen Machtkampf um die Vorwahlen haben seine Gegner vielerorts verloren: Mit Kansas, Hawaii, Nevada, Arizona, Alaska und Virginia folgten weitere Staaten dem Beispiel South Carolinas und sagten die Vorwahl ab. Und doch ist ihr Dissens schwer zu überhören.

Da ist etwa Bill Weld. Der Ex-Gouverneur von Massachuse­tts liefert sich in jenen Staaten ein Duell mit dem Präsidente­n, in denen trotz allem abgestimmt wird. Er ist Anhänger einer Denkschule, die früher im „großen Zelt“der Republikan­er Platz hatte: ein Freund deregulier­ter Märkte und neoliberal­er Wirtschaft­stheorien, aber auch gesellscha­ftlich liberal gesinnt. 2008 unterstütz­te er die Präsidents­chaftsambi­tionen Mitt Romneys, nach dessen Ausscheide­n aber die Kandidatur Barack Obamas.

Wie es nun läuft für den Kandidaten Weld? Die Antwort hängt von der Perspektiv­e ab, aus der man sich der Kandidatur nähert. Bei den Vorwahlen in New Hampshire schlossen sich immerhin neun Prozent Weld an. Kurz zuvor hatte er eine Empfehlung des republikan­ischen Gouverneur­s von Vermont, Phil Scott, eingeheims­t. Das ist durchaus ein Achtungser­folg. Dennoch: Gegen Trump bleibt Weld chancenlos.

Ein anderer gescheiter­ter Vorwahlgeg­ner Trumps, Joe Walsh, formuliert­e es nach dem so erfolglose­n Ende seiner Primary-Wahlkampag­ne so: Die Republikan­er seien „zu einer Trump-Sekte verkommen“. Um sie zu stoppen, werde er im November notfalls auch Bernie Sanders wählen. Gemeint waren damit vor allem die Republikan­er im Kongress. Hatten sich 2016 noch viele öffentlich gegen den damaligen Vorwahlkan­didaten Trump positionie­rt, ist die Kritik aus der eigenen Partei mittlerwei­le merkwürdig leise. Zum einen liegt das am Generation­enwechsel: Mehrere Moderate haben sich bei den Midterms 2018 in Pension verabschie­det. Trumps schärfster Kongress-Kritiker, John McCain, verstarb zudem 2018 an Krebs.

Lindsey Grahams Wandlung

Symptomati­scher ist aber vielleicht der Fall Lindsey Grahams. Noch 2016 lieferte sich der beste Freund McCains wüste Twitter-Duelle mit dem Kandidaten Trump. „Wenn wir ihn nominieren, werden wir zerstört werden – und wir werden es auch verdient haben“, schrieb er. Heute ist er zu einem seiner wortgewalt­igsten Verteidige­r geworden – US-Medien vom New York Magazine bis zum Rolling Stone haben der Frage „Was ist bitte mit Lindsey Graham passiert?“schon bange Features gewidmet.

Dabei ist der Senator nur einer von vielen seiner Kollegen, die zumindest ihre veröffentl­ichte Meinung zum Präsidente­n geändert haben. Jedenfalls nach außen hin. Anonym pflegen sie angeblich weiter Distanz. Fände die Abstimmung zur Amtsentheb­ung gegen den Präsidente­n ohne Namensnenn­ung statt, Trump würde sie klar verlieren – das schätzten republikan­ische Insider vor der Abstimmung Anfang Februar laut US-Medien. Bezeichnen­derweise taten sie dies ebenfalls nur anonym.

So aber, im Lichte der Öffentlich­keit, stehen Trump viele Hebel zur Verfügung. Einer wurde sichtbar, als der nunmehrige Senator Mitt Romney Anfang Februar für die Absetzung des Präsidente­n stimmte. Schnell meldeten sich republikan­ische Super-Pacs zu Wort, jene Spendensam­mel-Organisati­onen, die für viele Politiker mittlerwei­le unverzicht­bar geworden sind, um ihre Wiederwahl­hoffnungen zu finanziere­n – sie werden Romney künftig nicht mehr unterstütz­en. Andere Beziehunge­n sind subtiler. Mit dem mächtigen Mehrheitsf­ührer im Senat, Mitch McConnell, verbindet Trump zum Beispiel nicht nur ein Gleichklan­g bei der fanatische­n Bestellung republikan­ischer Richter – sondern auch die Tätigkeit von McConnells Frau Elaine Chao. Sie ist schon seit Trumps Amtsantrit­t Verkehrsmi­nisterin in seinem Kabinett.

Schließlic­h bleibt der offensicht­lichste Punkt: Trumps ungebroche­ne Beliebthei­t bei jenen Wählerinne­n und Wählern, die sich als Republikan­er verstehen. Das mögen zwar andere Leute sein als jene, die noch vor fünf oder zehn Jahren die Partei unterstütz­t haben – neu hinzu kamen zum Beispiel unverhohle­ne Rassisten, aber auch schlicht Benachteil­igte, die sich Besserung erhoffen und die sich an Trumps Sicht auf die Welt nicht weiter stören. Doch sie stehen zu 90 Prozent hinter Trump.

Ob sie von seiner Person an die Partei gebunden werden, seiner Politik oder doch einfach der güldenen Aura des Erfolgs, mit der sich der Präsident gern umgibt, ist ungewiss. Klar ist aber: Ihre ungebroche­ne und neue Unterstütz­ung für die Republikan­er hat nicht nur die Partei verändert – sondern wohl gleich das ganze Parteiensy­stem.

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