Ein bisschen Frieden
Eine Woche lang probierten es die Konfliktparteien in Afghanistan mit weniger Gewalt. Dies soll nun durch ein Friedensabkommen mit den USA zu einer dauerhafteren Angelegenheit werden.
Eine siebentägige „Reduktion der Gewalt“sollte zeigen, ob es für den Deal zwischen den Taliban und den USA eine ausreichende Basis gebe und ob die Radikalislamisten ihre Kämpfer ausreichend unter Kontrolle haben. Dies war die Vorausbedingung Washingtons für ein Abkommen, über das bereits seit Juli 2018 verhandelt wird.
Am Samstag endet nun die einwöchige Frist, damit dürfte der Weg frei sein für die Unterzeichnung des Deals. Die Taliban scheinen jedenfalls ihre Probewoche gemeistert zu haben, auch wenn es vereinzelt zu Zwischenfällen kam. So explodierte am Mittwoch in Kabul ein auf einem Motorrad befestigter Sprengsatz und verletzte neun Menschen. Die Taliban bestritten jedoch, an dem Anschlag beteiligt zu sein. In Summe war in der Woche ein massiver Gewaltrückgang zu verzeichnen.
Neubeginn
Mit der Unterzeichnung des Abkommens in Katars Hauptstadt Doha, wo die Taliban ihre politische Zentrale haben, soll eine neue Phase beginnen. Schrittweise sollen die USA ihre Truppen bis auf 8600 Mann reduzieren. Gleichzeitig soll die „Gewaltreduktion“in einen unbegrenzten Waffenstillstand zwischen den Kontrahenten verlängert werden. Die Taliban garantieren weiters, in ihren Gebieten keine militanten Gruppen wie Al-Kaida oder den IS zu beherbergen. Dies wertet ihren politischen Status massiv auf, schließlich verdankten sie ihren Aufstieg nicht zuletzt der engen Partnerschaft mit Osama bin Ladens Al-Kaida-Terroristen.
Auf dem Plan steht auch ein Gefangenenaustausch. Rund tausend afghanische Sicherheitskräfte und Regierungsmitarbeiter halten die Taliban gefangen. Umgekehrt hat die afghanische Regierung mehr als fünftausend Talibankämpfer in ihren Gefängnissen. Deren Freilassung ist für die Taliban die Grundvoraussetzung, um mit Kabul in einen Dialog über die Beilegung des Konfliktes zu treten.
Noch am Freitag trafen sich Vertreter der afghanischen Regierung zu Gesprächen mit den Taliban in Doha. Schließlich sollen in der neuen Phase plangemäß nun innerhalb von zehn Tagen innerafghanische Friedensgespräche beginnen, um eine Aufteilung der Macht zu regeln.
Wie die Konfliktparteien an einen Tisch zu bekommen sind, war für die US-Verhandler wohl die schwierigste Frage. Präsident Ashraf Ghani hatte zunächst gezögert, wie er mit der neuen Entwicklung umgehen solle. „Nun hat er aber erkannt, dass ein Treffen zu diesem Zeitpunkt entscheidend ist. Diese goldene Gelegenheit darf nicht verpasst werden“, sagte ein Sprecher des Präsidentenbüros in Kabul.
Riskanter Deal
Für US-Präsident Donald Trump käme ein Friedensabkommen sehr gelegen. Dieses ließe sich in seinem Wahlkampf um das Weiße Haus gut vermarkten, schließlich ist der Afghanistankrieg mit 18 Jahren und vier Monaten mittlerweile die längste kriegerische Auseinandersetzung in der Geschichte der Vereinigten Staaten. Der Deal birgt aber auch erhebliche Risiken. Bekanntlich hat die afghanische Kriegshistorie in den vergangenen Jahrzehnten schon mehrfach gezeigt, wie rasch ein zartes Friedenspflänzchen dahinwelken kann.