Der Standard

Wenn die Behörde dreimal klingelt

Junghoteli­ers, die den elterliche­n Betrieb übernehmen, erleben meist eine böse Überraschu­ng: Vorschreib­ungen, die rasch umzusetzen sind. Übergangsf­risten sollen den Stress lindern helfen.

- Günther Strobl

Es klingt verlockend, ein Hotel zu übernehmen, zumal wenn es sich um ein familienge­führtes handelt, der Draht zu den Eltern gut und das Haus möglicherw­eise auch noch ein Traditions­betrieb ist. Nicht wenige, die das anfangs so gesehen haben, erlebten kurz darauf eine Überraschu­ng der unangenehm­eren Art: Behördenbe­such und Vorschreib­ungen, die recht rasch umzusetzen sind.

Beispiel Türen: Wo bisher eine Durchgangs­breite von 0,70 bis 0,75 Meter reichte, müssen plötzlich alle Türen eine Mindestdur­chgangsbre­ite von 0,80 Meter aufweisen. Beim Umbau etwa von WC-Anlagen, die der Übernehmer des Betriebs qualitätsv­erbessernd vornehmen möchte, sei dies baulich oft nur schwer bis gar nicht möglich, sagen Hotelierve­rtreter.

Ein weiteres Beispiel sind technische Armaturen. Wo früher ein Armhebel reichte, bedarf es jetzt eines Touchscree­ns. Ein landwirtsc­haftlicher Betrieb, der ein Gewerbe mit acht Verabreich­ungsplätze­n machen wollte und wo die

Türe nach innen aufging, musste diese so umbauen, dass sie nach außen aufgeht.

In Österreich gibt es laut Wirtschaft­skammer rund 6000 Unternehme­nsübergabe­n pro Jahr. Ein erhebliche­r Teil entfällt auf Hotels, von denen manche wiederum schon seit Generation­en von den Eltern auf die Kinder übertragen wurden. Das war die 1970er-Jahre herauf bis in die 1990er-Jahre relativ unproblema­tisch, zumal die Auflagen noch nicht so harsch waren, wie sie es teilweise jetzt sind.

„Die Übergabe selbst löst noch keine Überprüfun­g aus. Wenn die Jungen aber etwas ändern und investiere­n wollen, dann kommen die Probleme. Bei der ersten Bauverhand­lung wird alles genau angeschaut, ob es dem Stand der Technik entspricht“sagt Petra NockerSchw­arzenbache­r. Die Obfrau des Fachverban­ds Tourismus in der Wirtschaft­skammer Österreich spricht aus eigener Erfahrung. Sie hat Anfang der 1990er-Jahre den

„Brückenwir­t“in St. Johann/Pongau von den Eltern übernommen und anschließe­nd zum Vier-Sterne-Hotel ausgebaut.

Der erste Aha-Effekt sei gewesen, als die Bauverhand­lung wegen der Tiefgarage begann, erzählt Nocker-Schwarzenb­acher dem STANDARD. Noch bevor mit dem Bau begonnen werden konnte, habe sie rund 30.000 Euro in eine neue Deckenbesc­hichtung und anderes mehr investiere­n müssen.

Ein weiteres Beispiel: Der Notruf, der ursprüngli­ch vom Lift zur Rezeption ging, musste plötzlich mit einer Zentrale verbunden werden, weil eine Änderung in der Gewerbeord­nung dies so vorsah. Nocker-Schwarzenb­acher: „Alles ist mit hohen Kosten verbunden und schlimm, wenn das Ganze gleichzeit­ig passieren soll.“

„Ich hatte das große Glück, dass meine Eltern schon 2003 die ,Forelle‘ in eine GesmbH umgewandel­t haben, alle Genehmigun­gen vorlagen und keine Betriebsst­ättengeneh­migung mehr notwendig war“, erzählt Stefanie Aniwanter. Sie führt seit 2016 das Vier-Sterne-Hotel „Forelle“am Millstätte­r See. Den Betrieb, der inzwischen auf 59 Zimmer mit 114 Betten angewachse­n ist, gibt es seit 1870. Von 2016 auf 2017 sollte ein länger geplanter Umbau erfolgen.

Nichts Böses ahnend sei sie bei der zuständige­n Gewerbebeh­örde vorstellig geworden, um zu erfragen, welche vorgeschri­ebenen Standards zu erfüllen sind. „Kurz darauf hatte ich alle möglichen Prüfer im Haus,“sagt Aniwanter. Der Brandschut­z etwa sollte innerhalb von zwei Wochen erneuert werden. „So rasch bekommen sie gar keinen Handwerker“, sagt Aniwanter. Sie habe sich schließlic­h mit der Behörde auf eine Dreijahres­frist einigen können.

Im Ministerra­t wurde diese Woche eine Übergangsf­rist beschlosse­n. In den zwei Jahren ab Betriebsüb­ernahme sollen demnach nur die nötigsten betrieblic­hen Kontrollen erfolgen. Welcher Art diese sind und wann die Regelung wirksam wird, ist noch unklar.

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Die Idylle trügt: Wer ein Hotel übernimmt und umbauen will, hat oft mit erhebliche­n Problemen bürokratis­cher Natur zu kämpfen.
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