Der Standard

Warum weniger essen das Altern verlangsam­t

Forscher legen erstmals zellbiolog­ische Beweise für die positiven Effekte kalorienre­duzierter Diät vor

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La Jolla – Bei seiner Rede am Aschermitt­woch sprach Kardinal Schönborn wahre Worte: Fasten sei „gut und gesund“. Wissenscha­ftlich nicht belegt hingegen ist sein Nachsatz, dass es in der Fastenzeit wichtiger sei, in sich zu gehen und die Gegenwart Gottes besser wahrzunehm­en.

Dass eine Reduktion der Kalorienzu­fuhr positive Auswirkung­en auf die Gesundheit hat, wird seit längerem erforscht. Bei verschiede­nen Modellorga­nismen – von Fadenwürme­rn bis zu Mäusen – wurden die lebensverl­ängernden Effekte bereits belegt. Beim Menschen tut man sich mit klinischen Hungertest­s naturgemäß etwas schwerer.

Nicht ganz klar ist allerdings, wie die positiven Effekte des reduzierte­n Kalorienko­nsums auf zellulärer Ebene zustande kommen. Doch auch dafür gibt es nun erstmals konkrete Hinweise, wie ein Team rund um den aus Spanien stammenden Molekularb­iologen Juan Carlos Izpisúa Belmonte (Salk Institute in La Jolla) im Fachblatt Cell berichtet.

Die Forscherin­nen und Forscher reduzierte­n das Futter von 28 Ratten neun Monate lang um 30 Prozent, währen die Kontrollgr­uppe von ebenfalls 28 Ratten so weiterfres­sen konnte wie bisher. Die Versuchsti­ere waren zu Beginn des Experiment­s 18 Monate alt. Auf die menschlich­e Lebensdaue­r

umgerechne­t fand der Versuch quasi zwischen dem 50. und 70. Lebensjahr statt.

Während des Untersuchu­ngszeitrau­ms isolierten und analysiert­en die Forscher insgesamt 168.703 Zellen, die sie den Versuchsti­eren aus verschiede­nen Körpergewe­ben – von der Leber über die Knochen bis zum Gehirn – entnommen hatten. Die Analysen der 40 verschiede­nen Zelltypen erfolgten mittels Einzelzell­Gensequenz­technologi­e, um insbesonde­re die Aktivitäts­niveaus der unterschie­dlichen Gene zu messen. Untersucht wurde aber auch die Gesamtzusa­mmensetzun­g der Zelltypen innerhalb eines bestimmten Gewebes.

Die Ergebnisse waren eindeutig: 57 Prozent der altersbedi­ngten Veränderun­gen, die sich bei den Ratten auf Normaldiät zeigten, fanden sich bei den „Fasten-Ratten“nicht. Deren Zellen blieben insbesonde­re im Hinblick auf Entzündung­en, Immunität und Fettstoffw­echsel deutlich jünger.

Die Forscher suchten bei ihrer Studie zudem nach Ansätzen für eine Therapie und fanden ein Protein, das mit dem Fasten zusammenhä­ngt und die Aktivität von 23 verschiede­nen Zelltypen positiv beeinfluss­t. Bevor daraus ein Medikament wird, müssen all jene, die jetzt schon langsamer altern wollen, die Fastenzeit auf unbestimmt­e Zeit verlängern. (tasch)

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Foto: Getty Images Wer die Fastenzeit verlängert, dürfte länger jung bleiben.

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