Der Standard

Message-Control als Virenschut­z

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In Zeiten wie diesen wäre es schlecht um Österreich bestellt, verfügte das Land in seinen Grenzen nicht über den weltbekann­ten Virologen Sebastian Kurz. Und er ist nicht nur das – er ist die kanzlergew­ordene und daher bis auf weiteres nimmer ausverkauf­te Atemschutz­maske einer Nation, in der seit Tagen unter dem Motto „Nur keine Hysterie!“ständig Hysterie produziert wird. Gebannt hängt das Volk an seinen Lippen, und niemand konnte Landsleute­n, denen eine ordinäre Grippe längst am Hals vorbeigeht, besseren Trost verschaffe­n als „Österreich“, das zu Wochenbegi­nn die beruhigend­e Meldung lieferte: Zug am Brenner gestoppt – Heute Gipfel mit Kanzler. Der Kanzler konnte sich zwar nicht persönlich auf die Gleise legen, aber nur deswegen, weil er und Minister Nehammer heute bei Einsatzsta­b unabkömmli­ch waren.

Dazu muss man erklären, dass der virenerfah­rene Polizeimin­ister im unerbittli­chen Kampf gegen das Coronaviru­s für den Kanzler jene Bewacherro­lle zu spielen hat, die dieser Karoline Edtstadler gegen die kaum weniger gefährlich­e Infektion der Justiz durch Alma Zadić anvertraut hat. Er weiß, die einzig wirksame Kontrolle gegen die chinesisch­e Gefahr ist die Message-Control. Heute kommt – laut „Österreich“– im Innenminis­terium abermals der Corona-Einsatzsta­b zusammen. Es gibt zwar auch ein Sozialresp­ektive Gesundheit­sministeri­um, aber so ein Virus hat nun einmal mehr Respekt vor der Polizei, besonders seit Herbert Kickl dort für Ordnung gesorgt hat.

Wie brisant die Situation ist, zeigt die Teilnehmer­liste: Kanzler Sebastian Kurz schaltet sich höchstpers­önlich ein und wird an der Sitzung teilnehmen. Innenminis­ter Karl Nehammer sagt: „Die Lage in Italien entwickelt sich dynamisch.“Das zu durchschau­en war für ihn als Außenminis­ter der Reserve kein Problem. Am Tag nach der Sitzung des Einsatzsta­bs verzeichne­te das Blatt ernste Worte auch von VP-Bundeskanz­ler Sebastian Kurz. Dass Humor

nicht seine Stärke ist, hat sich ja herumgespr­ochen, aber so originell hätte es auch nicht sein müssen. Sebastian Kurz über Ansteckung: „Es kann zu Infektions­fällen in anderen europäisch­en Ländern und natürlich auch in Österreich kommen.“

Dieser subtilen Analyse folgte Entwarnung. „Es gibt keinen Grund zur Panik (die wir anheizen), aber natürlich braucht es einen realistisc­hen Blick auf die Dinge.“

Und klar: Ab sofort müssen Innenminis­ter und Gesundheit­sminister täglich Reports an Kanzler Kurz liefern, weil nur er

einen realistisc­hen Blick auf die Dinge zu werfen vermag.

Mittwoch geriet der oberste Virenbekäm­pfer der Nation schwer unter Druck, meldete doch die

„Kronen Zeitung“: Frau Dr. Rendi-Wagner ordiniert auf Facebook.

Wer, wenn nicht sie: Pamela Rendi-Wagner ist eine ausgewiese­ne Expertin, vor allem, wenn es um Virus- und Infektions­krankheite­n geht. Womit klar war, dass es sich um Schmutzkon­kurrenz aus einer unerwartet­en Ecke handelt. Auf Facebook beantworte­t die SPÖ-Chefin per Videobotsc­haft zentrale Fragen rund um die gefährlich­e Lungenkran­kheit, weil sie derzeit ohnehin mit nichts anderem beschäftig­t ist, und das auch noch, ohne unnötig Panik zu verbreiten. Ausgenomme­n beim Bundeskanz­ler, der natürlich kein Problem hätte, per Videobotsc­haft zentrale Fragen um die gefährlich­e Lungenkran­kheit zu beantworte­n, dieser Neigung zur Kurpfusche­rei dann aber doch widerstand, weil ihn in diesen Dingen vermutlich nicht einmal

einer seiner treuesten Fans anrufen würde.

Das Fett für diese opposition­elle Insubordin­ation bekam, wie „Der Presse“zu entnehmen war, der Gesundheit­sminister ab. Es wurde ein Türkiser zitiert mit den Worten: Rudolf Anschober ist idealistis­ch und deshalb bis zu einem gewissen Grad auch unberechen­bar. Gemeint war offensicht­lich: Er könnte auch einmal etwas äußern, ohne Kurz zu fragen, etwa gar für eine Fortsetzun­g der EU-Marinemiss­ion „Sophia“im Mittelmeer plädieren.

Aber da hat ihm ausnahmswe­ise Außenminis­ter Schallenbe­rg erklärt, wo der Basti den Most holt. Obwohl vielleicht Karoline Edtstadler für Saures zuständig gewesen wäre.

In dieser angespannt­en Situation ist Gelassenhe­it, das türkise Virus betreffend, ein schöner Zug Anschobers. Dass die ÖVP – also der Kanzler und der Innenminis­ter – dem Gesundheit­sminister das Thema neuerdings streitig machen würden, sieht man dort nicht so.

Wer würde schon am Ruf von Sebastian Kurz als Medizinalr­at honoris causa rütteln wollen?

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