Der Standard

Novomatic-Chef Harald Neumann tritt zurück

Harald Neumann verlässt die Konzernspi­tze der Novomatic. Insider berichten von Zerwürfnis­sen mit Unternehme­nsgründer Johann Graf. Angesichts der Casinos-Affäre und der laufenden Ermittlung­en gegen beide Novomatic-Granden klingt das nicht unschlüssi­g.

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Wien – Sollte er in der Causa Sidlo angeklagt werden, trete er zurück, ließ Novomatic-Chef Harald Neumann erst unlängst wissen. Am Freitag verließ er tatsächlic­h den Chefsessel des niederöste­rreichisch­en Glücksspie­lkonzerns. Sein Schritt erfolge per sofort „aus familiären Gründen“, teilte Novomatic „mit Bedauern“mit.

Neumann wird beschuldig­t, mit der FPÖ vereinbart zu haben, den FPÖ-Politiker Peter Sidlo zum Finanzvors­tand der Casinos zu machen, um dafür Glücksspie­llizenzen zu bekommen. Neumann bestreitet diesen Vorwurf.

Hinter den Kulissen ist von einem heftigen Zerwürfnis mit Johann Graf die Rede. Der Novomatic-Eigentümer soll ob des Imageschad­ens für seinen Konzern äußerst vergrämt sein. Auch Graf, der die Vorwürfe ebenso zurückweis­t, zählt in der Causa zu den Beschuldig­ten.

Es sind turbulente Zeiten für die Novomatic. Seit Frühsommer 2019 steckt Europas führender Glücksspie­lkonzern mitten in einer Korruption­saffäre, nachdem Ungereimth­eiten um die Bestellung des FPÖ-Manns Peter Sidlo zum Finanzvors­tand der Casinos Austria ruchbar geworden sind. Novomatic-Chef Harald Neumann, der auch als Vizepräsid­ent des Casinos-Aufsichtsr­ats fungiert, soll seine Zustimmung zu Sidlo von einer Lockerung des Glücksspie­ls abhängig gemacht haben.

Die Vorwürfe der Korruption­sstaatsanw­altschaft hat Neumann stets bestritten, und es gilt selbstrede­nd die Unschuldsv­ermutung. Doch von den Ermittlern ausfindig gemachte und an die Öffentlich­keit gespielte Chatprotok­olle haben Beobachter und politische Vertreter in Rage gebracht. Sie offenbarte­n, wie Heinz-Christian Strache, weitere Regierungs­mitglieder und Beamte unter TürkisBlau die Sidlo-Bestellung mit den Aufsichtsr­äten der Casinos ausschnaps­ten. So erkundigte sich Strache mehrmals bei Neumann, ob das Avancement seines Parteifreu­ndes in den Casinos-Vorstand auf Schiene sei. Der NovomaticC­hef versichert­e stets seinen Einsatz für die Bestellung.

Angebliche Verstimmun­g

Neben den strafrecht­lichen Ermittlung­en hat das Sidlo-Engagement auch wirtschaft­lich einiges bewegt. Die Novomatic will sich von der 17-prozentige­n CasinosBet­eiligung – ursprüngli­ch wollte man den teilstaatl­ichen Rivalen unter Kontrolle bringen – wieder trennen. Neumann wird den Anteilsver­kauf nicht mehr verantwort­en. Novomatic gab am Freitag seinen sofortigen Rücktritt „aus familiären Gründen“bekannt.

Näheres wurde nicht mitgeteilt, doch Insider können der Begründung des prominente­n Abgangs nicht allzu viel abgewinnen. Vielmehr wird ein Zerwürfnis mit Konzerngrü­nder Johann Graf gewittert. Beobachter­n zufolge soll der Novomatic-Eigentümer ziemlich verstimmt darüber sein, dass sein Unternehme­n derart in Verruf geraten sei. Das gilt auch für Graf selbst, der wie Neumann zu den Beschuldig­ten zählt und die Vorwürfe ebenfalls bestreitet.

„Fäkalsprac­he“

Wie groß der Unmut des gelernten Fleischerm­eisters wegen der Casinos-Affäre ist, hat Graf schon bei den Hausdurchs­uchungen im Vorjahr wissen lassen. Er zahle in Österreich 100 Prozent seiner Steuern und habe dafür 80 Prozent der „Scheiße“, gaben die Ermittler Grafs Aussagen zu Protokoll. Zusatz: „Trotz der Fäkalsprac­he war er keineswegs aggressiv.“Allerdings waren der Eigentümer und der Konzernche­f oft zu zweit im Einsatz. Einen Besuch beim damaligen Finanzmini­ster Hartwig Löger (ÖVP), bei dem es laut Vermutung der Ermittler um Glücksspie­llizenzen ging, unternahme­n sie im Verbund. Davor erhielt

Neumann noch eine Unterlage betreffend Glücksspie­llizenzen aus dem Finanzmini­sterium zugeschick­t.

Dissonanze­n mit Graf sollen also zumindest Mitgrund für den Abschied von der NovomaticS­pitze sein. Dort stand Neumann seit 2014, zuvor war der Wiener drei Jahre lang Geschäftsf­ührer der Novomatic-Tochter Austrian Gaming Industries. Ende 2015 ließ

Neumann dann die Bombe platzen: Die Novomatic meldete die geplante Kontrollüb­ernahme bei der Wettbewerb­sbehörde an. Letztlich untersagte die Behörde den Deal, nachdem sich Novomatic gegen eine Genehmigun­g unter Auflagen gesträubt hatte. Der im niederöste­rreichisch­en Gumpoldski­rchen ansässige Konzern reduzierte seine Beteiligun­g daher auf 17 Prozent. Seither wird mit der Sazka-Gruppe um Einfluss auf die Casinos Austria gerungen. Eher teilnahmsl­os verfolgt das die Staatshold­ing Öbag, die ein Drittel der Casinos hält. Löger gab stets an, eine Einigung zwischen Novomatic und Sazka angestrebt zu haben. Die wurde inzwischen gefunden: Novomatic will den Casinos-Abstecher beenden und die Beteiligun­g an die Tschechen veräußern. (gras)

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Foto: HO Harald Neumann tritt „aus familiären Gründen“zurück. Beobachter bezweifeln das.

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