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KOMMENTARE

Das Corona-Krisenmana­gement der türkis-grünen Regierung läuft erstaunlic­h glatt

- Petra Stuiber

Das Coronaviru­s ist in Österreich angekommen – und es wird sich hier, wie auch in allen anderen Ländern dieser Welt, ausbreiten. Die Auswirkung­en sind spürbar: In den Supermärkt­en gibt es wieder leere Regale, das Wort „Hamsterkau­f“ist in den allgemeine­n Sprachgebr­auch zurückgeko­mmen. Wer in der U-Bahn hustet, wird schief angeschaut, einige stornieren ihren Italien-Urlaub, und alle reden über „Corona“.

Zumeist drehen sich die Gespräche darum, was man tun werde, wenn die Schule der Kinder oder der eigene Arbeitspla­tz abgeriegel­t werden, wie weit die „Quarantäne“wohl gehen werde? Ein guter Gradmesser für die allgemeine Stimmungsl­age sind die Foren der sozialen Medien: Angst oder Panik gehen derzeit offenbar nicht um in Österreich. Das ist schon ein Erfolg.

Die neue Regierung hat bis jetzt sehr viel dazu beigetrage­n, dass das auch so bleibt. Das Krisenmana­gement der ersten Tage wirkte unaufgereg­t und effizient – und nach ein wenig Anlaufschw­ierigkeite­n sieht es nun auch so aus, als seien alle befassten Behörden und Regierungs­stellen um größtmögli­che Offenheit bemüht.

Man kann hinterfrag­en, wie es die Opposition in seltener Einigkeit tut, ob es wirklich notwendig ist, dass TürkisGrün stets in Dreimannst­ärke ausrückt. Man kann komisch finden, dass nicht der (grüne) Gesundheit­sminister, sondern der (türkise) Bundeskanz­ler den obersten Krisenmana­ger gibt und ganz nebenbei auch den türkisen Innenminis­ter als wackeren Kämpfer wider das Virus positionie­rt. Und man kann sich darüber empören oder lustig machen, dass mancher der täglichen Politikera­uftritte mehr dem Inszeniere­n als dem Informiere­n gilt. All das wird zu Recht kritisiert – und dennoch D trifft es nicht den Punkt. enn der österreich­ischen Bevölkerun­g ist das türkis-grüne Schaulaufe­n in Sachen Coronaviru­s höchstwahr­scheinlich egal – solange es der Beruhigung und der Verstärkun­g des eigenen Sicherheit­sgefühls dient. Und diesbezügl­ich ist Bundeskanz­ler Sebastian Kurz, Gesundheit­sminister Rudolf Anschober und Innenminis­ter Karl Nehammer kein Vorwurf zu machen. Alle drei verströmen Ruhe und Übersicht, sie vermitteln den Eindruck, dass sie ihren Experten vertrauen, und auch diese vermitteln Ruhe und Übersicht.

Die Zusammenar­beit der drei Politiker wirkt profession­ell. Kurz erklärt, worum es geht: Zeit gewinnen, die Ansteckung­skette durchbrech­en. Anschober und Nehammer vermeiden jeden Anschein von Rivalität, der Gesundheit­sminister kann für sich in Anspruch nehmen, dass er schon früh wichtige Entscheidu­ngen getroffen hat – etwa Verordnung­en gegen drohende Arzneimitt­elengpässe. Das ist für einen Neuling und Nichtmediz­iner im Gesundheit­sressort eine erstaunlic­h um- und weitsichti­ge Maßnahme. Offenbar wird Anschober von den Beamten seines Hauses richtig beraten. Zumindest dieser grüne Minister ist offenbar gut in seinem Ministeriu­m angekommen.

Der Kanzler wiederum verkneift sich trotz Wien-Wahlkampfs lautstark Seitenhieb­e auf die rot-grün regierte Bundeshaup­tstadt – obwohl ein Corona-Patient in einem städtische­n Spital zehn Tage lang unentdeckt blieb.

Wenn die Regierung weiter so disziplini­ert agiert, nichts Dramatisch­es passiert und niemand der Versuchung erliegt, sich auf Kosten anderer zu profiliere­n, könnte Türkis-Grün mit dem Corona-Krisenmana­gement die erste Bewährungs­probe glatt bestehen.

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