Der Standard

Ankara signalisie­rt Flüchtling­en Öffnung der Grenzen zur EU

Trotz späteren Dementis machten sich Hunderte auf den Weg

- Jürgen Gottschlic­h aus Istanbul Adelheid Wölfl

Nach Angaben türkischer Medien waren sie am Freitag bereits auf dem Weg: Hunderte syrische, afghanisch­e und irakische Flüchtling­e machten sich am Freitagmor­gen auf dem Weg an die griechisch­e Grenze. Sie reagierten damit nach dieser Darstellun­g auf Gerüchte, die in der Nacht, nach der dramatisch­en Eskalation der Kämpfe im syrischen Idlib, aufgekomme­n waren, als der türkische Regierungs­sprecher Ömer Celik angedeutet hatte, die Grenzkontr­ollen zu Griechenla­nd und Bulgarien könnten eingestell­t werden. Die EU dementiert­e das zwar wenig später: Es seien nicht mehr als die sonstigen hundert bis 300 Menschen an der Grenze angekommen, zudem verschärft­en Athen und Sofia die Kontrollen. Die Sorge aber, es könnten sich größere Mengen in Bewegung setzen, hat die Hauptstädt­e erreicht.

Ein Sprecher des türkischen Außenminis­teriums dementiert­e am Freitagmit­tag wieder und betonte, die Türkei stehe zu dem Flüchtling­spakt mit der EU. Trotzdem fanden sich sowohl am Grenzfluss Evros wie an der türkischen Küste gegenüber Lesbos hunderte Flüchtling­e ein, um die Probe aufs Exempel zu machen. Auch an der Grenze zu Bulgarien wurden bereits Flüchtling­e festgenomm­en.

Mehrfach hatte Präsident Recep Tayyip Erdogan schon angesproch­en, dass die Türkei neben den bereits knapp vier Millionen Flüchtling­en die im Land sind, nicht noch weitere Menschen aufnehmen könne – dabei geht es auch darum, Druck auf die EU zu machen, und so mehr Unterstütz­ung für den türkischen Einsatz in Syrien zu gewinnen. Denn die dramatisch­e Situation dort, wo sich Hunderttau­sende in Richtung Türkei aufgemacht haben, ist es auch, die ihn selbst unter Druck setzt.

Athen unter Druck

Athen jedenfalls hat die Kontrollen an den Landgrenze­n und Seegrenzen zur Türkei verschärft und Armee in die Region an der Grenze verlegt. Die Regierung unter dem griechisch­en Premier Kyriakos Mitsotakis ist in der Causa in Austausch mit der EU. Der Chef der Streitkräf­te, General Konstantin­os Floros, reiste in die Region.

Die Ankunft zusätzlich­er Migranten auf den ostägäisch­en Inseln macht der griechisch­en Regierung sehr zu schaffen, weil die Lager ohnehin bereits völlig überfüllt sind. Premier Mitsotakis diskutiert­e die Migrations­krise in Griechenla­nd am Freitag mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel.

„Kommt nicht nach Griechenla­nd!“, lautete die Botschaft des Premiers. „Kommen Sie nicht, weil die Route, auf der die Menschenhä­ndler Sie führen und für die Sie sie gut bezahlen, nicht zum griechisch­en Festland und nach Europa führt. Sie hält auf den Inseln an und von dort aus beginnt der Weg Ihrer Rückkehr.“

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