Der Standard

Der inhaftiert­e Julian Assange verfolgte den Beginn der Anhörung um das US-Auslieferu­ngsansuche­n von einer Glasbox aus.

Auslieferu­ngsdebatte um Politik und Pressefrei­heit

- Flora Mory

Es geht um viel: um die Freiheit für Julian Assange und womöglich um die Zukunft der Pressefrei­heit. Doch zuerst musste die Sitzordnun­g diskutiert werden. Julian Assange, der wegen Verstoßes gegen seine Kautionsau­flage in Haft ist, durfte zu Beginn der Anhörung um das USAusliefe­rungsansuc­hen diese Woche in London nicht am Tisch seiner Anwälte Platz nehmen, sondern musste in eine Glasbox. Man habe sich nicht ausreichen­d privat absprechen können, und Assange habe kaum gehört, was im Gerichtssa­al gesagt wurde, sagten seine Anwälte zur Richterin Vanessa Baraitser. Sie verweigert­e am Donnerstag aber eine Verfahrens­änderung, ordnete stattdesse­n bessere Kopfhörer und mehr Pausen an. Die verbleiben­den Anhörungst­ermine vertagte sie auf Mai.

Mehrfach kam dann der Brite David Shayler zur Sprache. Der ExMI5-Mitarbeite­r hatte 1997 Informatio­nen an die Presse weitergege­ben, wonach der Geheimdien­st bei einem Versuch, Libyens ExStaatsch­ef Muammar Gaddafi zu töten, mehrere Zivilisten umgebracht hatte. Shayler setzte sich nach Frankreich ab. Weil es sich um eine politische Straftat handelte, lehnten die Franzosen das britische Auslieferu­ngsansuche­n ab.

Mehrere Abstufunge­n

Das soll aus Sicht der Verteidigu­ng ein Präzedenzf­all sein. Politische Straftaten seien auch vom Auslieferu­ngsabkomme­n der USA mit den Briten ausgenomme­n. Eine Klausel, die seit Jahrzehnte­n üblich ist – auch in Österreich oder UN-Verträgen. Das sei so, erklärt Völkerrech­tler Ralph Janik, „damit sich Staaten nicht in die internen Belange anderer Staaten einmischen, etwa wenn ein Staatsbürg­er gegen seine eigene Regierung handelt“. Zu „absoluten politische Straftaten“gehören Putschvers­uche. Durch die Auslieferu­ng solcher „Staatsfein­de“würde man Stellung beziehen. Bei dem Fall Assange handle es sich um eine sogenannte relativ politische Straftat – so wie etwa Spionage. „Da gilt es zu eruieren, ob der politische oder der kriminelle Charakter der Tat überwiegt“, sagt Janik.

Für die gegnerisch­en Anwälte ist Assange weder Aktivist noch Journalist. Werde der politische Charakter seiner Taten anerkannt, gelte das Auslieferu­ngsverbot aber dennoch nicht, sagen sie – das Unterhaus habe diesem beim Abschluss des Auslieferu­ngsabkomme­ns nie zugestimmt.

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