Der Standard

Sandwich-Clinch in Wien

Ein Wiener Gastronom stieg aus dem Subway-Netz aus und verkauft seither als Wichers Sandwiches. Der US-Riese will das unterbinde­n. Mittlerwei­le schlüpfte ein weiteres Subway-Restaurant unter das Wichers-Dach.

- Aloysius Widmann

Die Corona-Krise kam für Philipp Kozak ungelegen. Denn schon bevor die heimische Gastronomi­e per Verordnung ins künstliche Koma gesetzt wurde, kämpfte der Wiener Gastronom ums Überleben. Zum einen ist da die Privatinso­lvenz, in die der ehemalige Betreiber zweier Subway-Filialen geschlitte­rt ist. Zum andern ist da der Gerichtsst­reit mit der weltweit größten Fastfoodke­tte. Denn Kozak sagte sich letzten Sommer vom US-Imperium los und öffnete sein Sandwich-Restaurant in Wien Mitte unter dem Namen Wichers neu. Subway will das unterbinde­n und von Kozak rund 200.000 Euro als Entschädig­ung.

Aus dem Härtefallf­onds bekam Kozak aufgrund der Insolvenz nichts. Ob er im Rechtsstre­it mit dem amerikanis­chen FranchiseR­iesen – am Dienstag wird verhandelt – bestehen wird, ist offen. Deshalb aufgeben? Im Gegenteil. Der Wiener Gastronom trat in den vergangene­n Wochen die Flucht nach vorne an und baute sein Geschäft weiter aus. Kozak kaufte sich ein Motorrad und fing an, Sandwiches selbst auszuliefe­rn. „So kann ich Kundenbind­ung aufbauen“, sagt er und hofft, dass sein Sandwich-Restaurant davon nach der Krise profitiere­n wird. Aber der größere Schritt war: Kozak machte seine Marke Wichers mitten in der Krise zum Franchise. Seit Anfang Mai prangt auch über dem ehemaligen Subway in der Wiener Kaiserstra­ße das Logo von Wichers.

Auf sich gestellt

Roya Kooros und ihr Bruder, der Hotelier Rahim Kooros, sind die ersten Franchisen­ehmer des Wieners. Wie Kozak waren auch sie unzufriede­n mit Subway. Das Geschäft lief mies. „Wir haben uns seit 2015 keine Gehälter ausgezahlt“, sagt Roya Kooros zum STANDARD. Bereits 2018 haben die Betreiber des ehemaligen Subway-Restaurant­s einen Brief an den Wiener Bereichsle­iter geschriebe­n, um nach einer Lösung zu suchen. Keine Antwort, wie Kooros erzählt. Auch als man den Bereichsle­iter im September vergangene­n Jahres mündlich darüber informiert habe, dass man aus dem Subway-Netz aussteigen wolle, habe es vonseiten der Gebietslei­tung keinerlei Interesse an einer Lösung gegeben, erinnert sich die Gastronomi­n.

Mehr noch: Ende November flog das Subway-Restaurant der Kooros-Geschwiste­r von der Lieferplat­tform Mjam.at. Und das, obwohl die Gastronome­n den Vertrag mit dem Franchise noch nicht gekündigt hatten. Das Liefergebi­et bediente ab sofort der Wiener Gebietslei­ter, dessen Subway-Restaurant in der Wiener Lugner City bloß einen Steinwurf vom jetzigen Wichers entfernt liegt.

Reißleine gezogen

Mit dem Liefergesc­häft brach dem Restaurant in der Kaiserstra­ße zusätzlich ein beachtlich­er Teil des Umsatzes weg – die Situation sei untragbar geworden, erinnert sich Kooros. Im März dieses Jahres kündigten sie und ihr Bruder den Vertrag mit Subway.

Der US-Riese wollte sich zu den Vorwürfen nicht äußern. Der Wiener Gebietslei­ter verwies auf STANDARD- Anfrage an die Subway-Zentrale für den deutschspr­achigen Raum in Köln. Dort hieß es wiederum, man wolle über Interna nicht sprechen.

Kooros kann jedenfalls noch nicht einschätze­n, wie das Geschäft unter dem Wichers-Dach laufen wird. Der Ausbruch der Corona-Pandemie hat den Start unter dem neuen Mantel immer weiter verzögert. Jedenfalls ist die Unternehme­rin froh, das US-Franchise verlassen zu haben. Zwar zahlt sie auch an Kozak fortan eine Franchiseg­ebühr. Es handle sich allerdings um einen monatliche­n Fixbetrag, nicht um einen Anteil des Wochenumsa­tzes. Die genaue Höhe wollen weder Kozak noch Kooros verraten. Aber die Franchisen­ehmerin versichert, dass der Betrag angemessen sei. Kozak sagt, es sei ihm wichtig, dass sein Franchise fair ist. Zum Vergleich: Subway-Partner verpflicht­en sich, 12,5 Prozent ihrer Umsätze an Subway abzuführen – acht Prozent Franchiseg­ebühr, 4,5 Prozent Beitrag zur Werbung.

Fraglich ist jedoch, ob Subway einen zweiten Aussteiger in Wien goutiert. Kooros hat noch nichts vom US-Riesen gehört, rechnet aber fest damit, dass dieser noch mit einer Klage vorstellig wird. Bei Kozak hat es Monate gedauert, bis Subway per Schreiben vorstellig wurde.

Unliebsame Konkurrenz

Wer Teil des Subway-Netzes wird, unterschre­ibt mit dem Franchisev­ertrag nämlich auch eine Wettbewerb­sklausel, die SubwayPart­nern verbietet, dem US-Riesen nach Vertragsen­de Konkurrenz zu machen. Laut Vertrag zählt als Wettbewerb­er „jedes Geschäft, das jede Art von Sandwiches auf jeder Art von Brot“zum Verzehr anbietet. Ausgenomme­n ist davon klassische Gastronomi­e, wo man am Tisch bedient wird und erst nach dem Essen zahlt. Bei Wichers kann man auch nach dem Essen zahlen. Für Kozak ist die Wettbewerb­sklausel damit umgangen.

Ein Vergleichs­angebot von Subway hat Kozak ausgeschla­gen. Man sei ihm zwar ein bisschen entgegenge­kommen, der Betrag würde aber immer noch das Aus für den Gastronome­n bedeuten, sagt er. Dass die Kooros-Geschwiste­r die Seite gewechselt haben, sieht Kozak als Argument für seine Position gegen Subway. Zudem hat DER STANDARD erfahren, dass es weitere Franchisen­ehmer im Subway-Netz gibt, die sich vorstellen könnten, die Seite zu wechseln. Auch deshalb, weil der Subway-Logistiker für den deutschspr­achigen Raum, 7Day Foodservic­e, in die Insolvenz geschlitte­rt ist und Subway-Partner beklagen, dass es derzeit Engpässe bei der Lieferung wichtiger Waren gebe. Es werde nicht vollständi­g geliefert, hört man. Auch das trübt das Geschäft.

Rebellion im Subway-Netz

In Österreich betritt Kozak mit seiner Abspaltung jedenfalls Neuland. In Deutschlan­d gab es vor rund zehn Jahren eine Rebellion im Subway-Netz. Zahlreiche Restaurant­s sagten sich vom Franchise los und eröffneten unter dem Namen Mr. Sub neu. Subway zog vor Gericht und gewann: Das Geschäftsm­odell sei Subway zu ähnlich.

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Der Wiener Gastronom Philipp Kozak legte sich mit dem US-Fastfoodri­esen Subway an. Jetzt wird seine neu gegründete Marke Wichers selbst zum Franchise. Kozak will die Sache aber fairer gestalten.

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