Der Standard

Als der König der Leichtathl­eten eine Schallmaue­r durchbrach

Am 27. Mai 2001 fielen die 9000 Punkte im Zehnkampf

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Götzis – „Lieber sterben, als diese Chance zu vergeben“, sagte Roman Sebrle, als er ansatzweis­e wieder zu Kräften und Atem gekommen war. Und er hatte überlebt, er hatte die Chance genutzt an jenem 27. Mai vor 19 Jahren in Götzis, beim Vorarlberg­er Traditions­meeting.

Als erster Zehnkämpfe­r war der Tscheche über die magische Marke von 9000 Punkten gekommen, in einem Wettkampf mit schier übermensch­lichem Endspurt hatte er mit 9026 Zählern 34 Punkte mehr gesammelt als sein Landsmann Tomas Dvorak zwei Jahre zuvor in Prag.

„Diese Marke ist mein großer Traum gewesen“, sagte Sebrle. 26 Jahre war er damals alt, als Olympiazwe­iter ein Jahr zuvor in Sydney hatte der Hüne aus dem ostböhmisc­hen Landskron seinen bislang größten Erfolg gefeiert. Seine Bestmarke von 8757 Punkten aus der 2000er-Auflage von Götzis lag allerdings ein ganzes Stück von der Traummarke entfernt – dass es nun im Möslestadi­on mit dem Neuntausen­der klappen würde, war nicht abzusehen.

Doch Sebrle begann wie die Feuerwehr: 10,64 Sekunden über 100 Meter und 8,11 Meter im Weitsprung waren Ansagen – am Abend des ersten Tages lag er klar auf Weltrekord­kurs. Tag zwei brachte Rückschläg­e, vor allem nur 4,80 Meter mit dem Stab schmerzten. Wenigstens 4:25,93 Minuten musste Sebrle, dessen Bestzeit bei 4:28,79 stand, im finalen 1500-m-Rennen laufen. Und er wuchs über sich hinaus, 4:21,98 Minuten zeigte die Uhr, Sebrle lag in Tränen aufgelöst und völlig erledigt auf der Tartanbahn.

Nach Götzis begannen die goldenen Jahre des großen Tschechen, der 2004 Olympiasie­ger und 2007 Weltmeiste­r wurde. Sebrles Weltrekord hielt elf Jahre. Es war die zweitlängs­te Regentscha­ft nach der des US-Amerikaner­s Glenn Morris (1936 bis 1950), erst 2012 war Morris’ Landsmann Ashton Eaton um 13 Punkte besser.

Das bisher letzte ZehnkampfW­ort hatte der Franzose Kevin Mayer, der Sebrles Marke 2018 um 100 Punkte übertraf. Eine neue Schallmaue­r, der Zehntausen­der, ist nicht in Sicht. (APA, red)

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Maximal halbtot war Roman Sebrle am späten Nachmittag des 27. Mai 2001 beim Meeting in Götzis.

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