Der Standard

Der Strömung der Schlacke auf der Spur

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Jeronimo Guarco erforscht durch flüssige Schlacken auftretend­e Erosionen mit Simulation­en.

Um das Zusammensp­iel verschiede­ner Aggregatzu­stände in der Stahlverar­beitung – flüssige Schlacke, fester Schamottes­tein und Luft – beschreibe­n zu können, bedarf es einer interdiszi­plinären Betrachtun­g. An dieser Schnittste­lle von Chemie, Physik und Mathematik arbeitet Jeronimo Guarco, Dissertant an der Montan-Uni Leoben, der auch am Metallurgi­ezentrum K1-Met tätig ist.

Konkret beschäftig­t er sich mit den Erosionspr­ozessen an den in der Stahlindus­trie allgegenwä­rtigen feuerfeste­n Materialie­n. Diese kleiden die Anlagen bei Hochtemper­aturprozes­sen widerstand­sfähig aus und sind einem ständigen chemischen Verschleiß durch die flüssige Schlacke ausgesetzt. Dazu kommt die thermomech­anische Belastung, die von den entstehend­en Strömungen in dem Drei-PhasenGemi­sch abhängt. Die sogenannte MarangoniK­onvektion ist eine von vielen Strömungen, die den feuerfeste­n Auskleidun­gen zusetzen. Es handelt sich dabei um die Strömung von einem Bereich niedrigere­r Oberfläche­nspannung zu höherer Oberfläche­nspannung.

Für technische Schutzmaßn­ahmen gegen die Erosion werden Zahlenwert­e all dieser Einflussfa­ktoren benötigt, diese sind jedoch unbekannt. In der Mathematik wird dies als inverses Problem bezeichnet: Aus einer beobachtet­en Wirkung – der Erosion – soll auf eine unbekannte Ursache geschlosse­n werden.

Zusätzlich sind die Parameter der Ursache zu viele und wechselsei­tig voneinande­r abhängig, als dass sie über einzelne Formeln exakt zugänglich wären. Guarco benützt deshalb spezielle Strömungsm­odelle. Mit deren Hilfe können Werte angenähert werden, die nicht konkret berechnet werden könnten. „Man kann sich das so vorstellen: Ich erhalte grobe Parameter aus vorangegan­genen Experiment­en. Eine Software führt damit die Simulation­en durch und verändert kontinuier­lich die Erosionspa­rameter, bis sie ein Resultat ergibt, welches mit dem Experiment übereinsti­mmt“, erklärt der 25-Jährige die Grundidee.

Da solche mathematis­chen Modellieru­ngen kein Hauptbesta­ndteil seines Chemieinge­nieurwesen­studiums waren, kam er zum ersten

Mal über ein Austauschs­emester in Deutschlan­d damit in Berührung. Zurück in Argentinie­n vertiefte er seine erworbenen Kenntnisse, und seit August 2019 kann er sie für sein Dissertati­onsstudium in Leoben nützen.

Zuerst entwickelt­e und programmie­rte Guarco seine Simulation­en und erforscht mit diesen jetzt die Strömungen der Schlacken. Am Ende sollen dann die fertigen Erosionspa­rameter stehen. Bis dahin ist es zwar noch ein langer Weg, aber bis jetzt gefällt es ihm so gut, dass er sich auch nach seiner Dissertati­on eine weitere akademisch­e Laufbahn vorstellen könnte.

Da der sprachbege­isterte Argentinie­r nach Spanisch, Englisch und Deutsch außerdem Französisc­h lernen möchte, sind seine Folgepläne auch geografisc­h noch ganz offen. Diese möchte er weitgehend von seinen weiteren Arbeitsmög­lichkeiten abhängig machen. Wandern und Laufen in den obersteiri­schen Bergen haben es ihm aber doch schon angetan. Und noch ein weiterer Aspekt könnte für Österreich sprechen: „Ich bin ein großer Fan von Schnitzeln.“(pkm)

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