Der Standard

Viel Beifall für Zadić und Ruf nach weiteren Reformen

Die grüne Justizmini­sterin genießt für den Umbau im Ressort breiten Rückhalt: Nach der Demontage von Sektionsch­ef Christian Pilnacek betont die ÖVP, dass nun objektive Neubesetzu­ngen anstehen.

- Fabian Schmid, Nina Weißenstei­ner

Der Umbau im Justizmini­sterium unter der grünen Ressortlei­terin Alma Zadić wurde am Mittwoch nach der Opposition auch vonseiten der Anwälte äußerst wohlwollen­d aufgenomme­n – auch wenn dieser eine spektakulä­re Demontage des bisher übermächti­gen Sektionsch­efs Christian Pilnacek mit sich gebracht hatte.

Konkret hatte Zadić am Dienstag bei einer eilig einberufen­en Pressekonf­erenz verkündet, dass Pilnaceks seit zehn Jahren bestehende Strafechts­ektion entzweit wird, weil diese auch über das Vorgehen der Staatsanwä­lte vor allem in clamorosen Fällen samt Weisungsbe­fugnis wacht: Künftig werden „im Sinne der inneren Gewaltente­ilung“für die Straflegis­tik und die einzelnen Strafverfa­hren wieder zwei Sektionen zuständig sein, erklärte die Ministerin – Pilnacek könne sich für die Leitung wie andere versierte Justizexpe­rten bewerben.

Gehörig zusammenge­kracht

Rupert Wolff, Präsident des Rechtsanwa­ltskammert­ages, begrüßt ausdrückli­ch die von Zadić angekündig­te Umstruktur­ierung, für Pilnacek hatte Wolff allerdings auch nur lobende Worte über. Zwar sei er mit ihm anfangs gehörig zusammenge­kracht, in der Folge aber habe er, Wolff, Pilnacek als Gesprächsp­artner und kompetente­n Strafrecht­ler schätzen gelernt – auch deshalb, weil dieser „Fachkompet­enz und Handschlag­qualität“aufweise.

Zadić wiederum ist für Wolff eine Ministerin, die schnell Problemlag­en erfasse, zudem verfüge sie auch über eine juristisch­e Ausbildung.

In der Justiz sei jedenfalls viel zu tun, hielt Wolff fest, zuallerers­t nannte er eine Reform des Hauptverfa­hrens – und bei der jüngsten türkis-grünen Regierungs­bildung habe sich immerhin das Verständni­s durchgeset­zt, dass die Justiz mehr Ressourcen erhalten solle. Dazu äußerte der Präsident des Rechtsanwa­ltskammert­ages die Hoffnung, dass entspreche­nde Pläne auch nach der Corona-Krise noch Geltung haben.

Der von Zadić offenbar überrumpel­te Koalitions­partner ÖVP ließ über Karoline Edtstadler, einst selbst Anwärterin für das Amt der Justizmini­sterin gehandelt, nun Ressortlei­terin für EUund Verfassung­sagenden, auf Anfrage des STANDARD ausrichten: „Die Organisati­onsstruktu­r von Ministerie­n ist Angelegenh­eit der jeweiligen Ressortlei­tung.“Nachsatz: „Wir gehen davon aus, dass die Leitung der neuen Sektionen nach objektiven und fachlichen Kriterien besetzt wird.“

System der Angst, ade!

Zuvor hatten sich schon SPÖ, FPÖ und Neos recht angetan zu Zadićs Vorgehen geäußert – und zwar gerade weil mit dem Umbau auch Pilnacek demontiert wird. Rot sprach von einem „überfällig­en Schritt“, Blau von „der logischen Konsequenz einer Selbstdemo­ntage“. Die Neos hielten fest, dass Pilnacek, der sich unter anderem protokolli­erte Eklats mit der Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatswal­tschaft in der Causa Eurofighte­r geliefert hatte, den „Kopf eines Systems der Angst“repräsenti­erte habe. FPÖ-Klubchef Herbert Kickl argwöhnte allerdings prompt, dass bald jemand anderer in dem nun von Grün geführten Justizmini­sterium „eine schützende Hand über die Volksparte­i halten werde“. Zur Erinnerung: Im Zuge der Casinos-Affäre sorgte Pilnacek für Aufsehen, weil er trotz laufenden Verfahrens Beschuldig­te der Causa – darunter ÖVP-Prominenz – bei sich im Ministeriu­m empfangen hatte.

Die Neos – allen voran Abgeordnet­e Stefanie Krisper – bringen nun im Nationalra­t einen Entschließ­ungsantrag ein, Titel: „Das Einzige, was bei einem zu intervenie­ren hat, ist das gesatzte Recht.“Darin rüttelt Pink unter anderem an der Berichtspf­licht der Ankläger, denn: Es könne nicht sein, dass „Staatsanwä­ltinnen und -anwälte, die in brisanten Fällen ermitteln, durch höchste Beamtinnen und Beamte sowie durch andere fragwürdig­e Maßnahmen in ihrer Arbeit behindert werden.“Kommentar der anderen Seite 27

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Justizmini­sterin Alma Zadić mit dem übermächti­gen Sektionsch­ef Christian Pilnacek: Seine Kenner schätzen ihn bis heute als kompetente­n Straflegis­ten und Gesprächsp­artner.

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