Der Standard

ZITAT DES TAGES

Der rote VSStÖ wollte mehr Geld für den Sozialtopf und mehr Kompetenze­n für sich – Grüne und Kommuniste­n empört

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„Was hier passiert, ist Kindergart­enpolitik.“ Die ÖVP-nahe Aktionsgem­einschaft über die geplatzte ÖH-Koalition aus VSStÖ, Grünen und Kommuniste­n

Wien – Inmitten der zweijährig­en Amtsperiod­e der Hochschüle­rschaft an der Uni Wien (ÖH Uni Wien) hat der Verband sozialisti­scher Student_innen (VSStÖ) die Koalition mit den Grünen & Alternativ­en Student_innen (Gras) und der kommunisti­schen Liste KSVLili aufgekündi­gt. Über die Ursachen gehen die Auffassung­en der Fraktionen weit auseinande­r.

Jasmin Chalendi, sozialisti­sche Vorsitzend­e der ÖH Uni Wien, wirft den Ex-Partnern vor, den Sozialtopf „systematis­ch zu sabotieren“. Gras und KSV-Lili behaupten, der VSStÖ habe versucht, die Macht an sich zu reißen und eine „Alleinherr­schaft“zu etablieren. Bei der Sitzung der Universitä­tsvertretu­ng lagen am Donnerstag die Nerven blank.

Laut VSStÖ habe man 500.000 Euro zusätzlich für den Sozialtopf verwenden wollen, um die gestiegene­n Anträge bedienen zu können. Im Normalfall ist der Topf mit 87.000 Euro dotiert. Das Vorhaben sei von den Koalitions­partnern abgelehnt worden. „Wir sind enttäuscht, dass die bedrohten Existenzen vieler Studierend­en nicht ernst genommen wurden“, sagt Marianne Hofbauer vom VSStÖ zum STANDARD. Gras und KSVLili hätten die Einigungsv­ersuche boykottier­t, daher habe man die Koalition beendet.

Die angesproch­enen Fraktionen halten die Begründung mit dem Sozialtopf für vorgeschob­en. Man habe sich auf eine Aufstockun­g auf 250.000 Euro aus Rücklagen längst geeinigt, der Verdoppelu­ngsvorschl­ag sei willkürlic­h erfolgt. Gras und KSV-Lili wollten die Mittel lieber in einen anderen Topf fließen lassen, um Projekte zu fördern. Eine schlechter­e Ausstattun­g des Projekttop­fs zugunsten des Sozialtopf­s wäre ein „Schlag ins Gesicht gewesen“, sagt Paul Benteler von der Gras zum STANDARD. Ähnlich sieht das der KSV-Lili. Die beiden wittern hinter dem Koalitions­bruch machiavell­istische Anwandlung­en. Zum Beleg verweisen sie auf ein Papier, das der VSStÖ ihnen diese Woche als Ultimatum zur Unterschri­ft vorgelegt habe. Darin ist eine auffällige Verschiebu­ng von Entscheidu­ngskompete­nz in Richtung VSStÖ enthalten. Bisher musste im Konsens entschiede­n werden. Nun schwebte dem

VSStÖ die Option eines Abrückens von dieser Regel vor: Sofern kein Konsens zustande kommt, hätte eine Abstimmung im Koalitions­rat entscheide­n sollen. Dadurch hätte der VSStÖ als stärkste Fraktion de facto allein seine Ideen durchsetze­n können, zumal das letzte Wort bei der Vorsitzend­en liegen hätte sollen.

Kein Chefinnen-Wechsel

Laut ursprüngli­cher Koalitions­vereinbaru­ng hätte der Vorsitz der ÖH Uni Wien demnächst vom VSStÖ an die Gras wandern sollen. Doch der VSStÖ wollte den Posten nicht räumen und bis zur ÖH-Wahl 2021 den Vorsitz reklamiere­n, um in Coronaviru­s-Zeiten „für bestmöglic­he Kontinuitä­t“zu sorgen. „Das widerspric­ht allen bisherigen Abmachunge­n“, sagt Gras-Aktivist Benteler. Der VSStÖ bestätigt die Authentizi­tät des Papiers, es habe sich aber um eine Diskussion­sgrundlage gehandelt.

Einigen sich Gras und VSStÖ nicht, führt kein Weg an der ÖVPnahen Aktionsgem­einschaft vorbei. Dort heißt es: „Wir finden das linke Chaos an der ÖH Uni Wien absolut erschrecke­nd.“Und weiter: „Was hier passiert, ist Kindergart­enpolitik.“Man sei aber bereit, mit allen zu sprechen.

Im nun wertlos gewordenen Koalitions­programm findet sich übrigens als letzter Punkt eine Party, um „20 Jahre linke ÖH Uni Wien“zu feiern. Man soll Jubiläen nie zu früh planen. Nach rund 19 Jahren ist die linke Exekutive an ihr Ende gelangt. (ta, ook)

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