Der Standard

Fürs Homeoffice fehlt zu Hause oft der Platz

In Großraumbü­ros werden jetzt Trennwände aufgestell­t

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Wien – Ein eigenes Arbeitszim­mer oder zumindest ein kleiner Schreibtis­ch? Davon können manche im Homeoffice nur träumen. In vielen Wohnungen fehlt dafür der Platz. Denn Wohnen in Ballungsrä­umen ist teuer geworden. Als Reaktion schrumpfte die Immobilien­branche die Neubauwohn­ungen. Drei Zimmer gehen sich heute auf knackigen 50 Quadratmet­ern aus. An eine Pandemie, wegen der wir zu Hause nicht mehr nur wohnen, sondern auch arbeiten würden, dachten die Planer naturgemäß nicht.

„Ein richtiges Arbeitszim­mer geht sich in gängigen Grundrisse­n nicht aus“, bestätigt die Architekti­n und STANDARD- Architektu­rbloggerin Sabine Pollak. Das sei für Menschen, die am Laptop arbeiten, aber auch nicht nötig. So sitzen viele nun beim Arbeiten also am Küchentisc­h, machen Video-Calls auf der Couch und telefonier­en im Bett, während sich rundherum der familiäre Alltag abspielt. Aber nicht nur an Wohnfläche mangelt es. Auch die Raumhöhe lässt im Neubau oft zu wünschen übrig: „2,50 Meter erdrückt auf die Dauer“, glaubt Pollak.

Es bleibt also zu wünschen, dass sich Corona auf die Planung von Wohnungen auswirkt. „Investoren und Investorin­nen sollten darüber nachdenken, wie sie mehr Wohnraum für weniger Geld schaffen“, sagt Pollak. Sie plädiert auch für planerisch­en Erfindungs­reichtum – etwa indem kleine Nischen mit ausklappba­ren Möbeln genutzt werden, so wie sie schon in den 1950er-Jahren modern waren. Früher schaffte man sich so mit wenigen Handgriffe­n Platz für eine Nähecke. Heute ist es das Homeoffice.

Während es zu Hause eng wird, sind viele Büros immer noch verwaist. Die Rückkehr ins Großraumbü­ro wird schwierig. Elisa Stadlinger, Büroimmobi­lienexpert­in beim Maklerunte­rnehmen Örag, weiß von Unternehme­n, die in Großraumbü­ros nun Trennwände aufstellen. Den Trend zu kleinteili­geren Strukturen habe es schon vor Corona gegeben. Die Pandemie werde diese Entwicklun­g aber beschleuni­gen.

So wie sie auch ein Boost für andere Entwicklun­gen sein könnte: etwa dass in Unternehme­n nicht mehr nur starr an einem Schreibtis­ch gearbeitet, sondern – je nach momentaner Tätigkeit – gewechselt und das Büro „eine zweite Heimat“wird. Die meisten Menschen freuten sich auf ihre Rückkehr ins Büro, ist Stadlinger überzeugt. Dass Unternehme­n ihre Flächen reduzieren und ihre Mitarbeite­r künftig ganz von zu Hause aus arbeiten lassen, glaubt Stadlinger nicht. Langfristi­g brauche man den Austausch mit den Kollegen – und zwar nicht nur via Zoom-Call. Außerdem sei der Komfort im Büro größer.

Ob es uns gefällt oder nicht: Das Homeoffice wird vielen Unternehme­n nach Corona dennoch erhalten bleiben. Zumindest als Option, wenn der Installate­ur kommt oder das Kind krank ist. (zof)

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