Der Standard

Trump droht Twitter und Co mit Sanktionen

US-Präsident reagiert auf Fact-Checking-Aufforderu­ng mit drastische­n Mitteln

- Gianluca Wallisch

Donald Trump ist ein geborener Sieger – zumindest er selbst sieht sich so. Daher überrascht es nicht weiter, dass er erbittert zuschlägt, wenn er sich nicht rückhaltlo­s bewundert, sondern angegriffe­n fühlt: Am späten Donnerstag­abend (Ortszeit) machte der US-Präsident seine Drohung wahr und unterzeich­nete ein Dekret, das es der Regierung künftig ermögliche­n könnte, politische Meinungsäu­ßerungen im Internet zu kontrollie­ren oder sogar zu sanktionie­ren.

Das Präsidiald­ekret richtet sich eindeutig gegen die Betreiber von Plattforme­n wie Twitter und Facebook. Auf Ersterer ist Trump selbst ein besonders fleißiger User – und mit über 83 Millionen Followern einer der schrillste­n Stars dort. Nun aber hat Twitter innerhalb weniger Stunden zwei Tweets des US-Präsidente­n mit einem Vermerk versehen, der bittet, die Aussagen des Staatsober­haupts nicht unüberprüf­t einfach so zu glauben. Konkret ging es um Trumps Behauptung­en, dass die nächste US-Wahl im November systematis­ch durch Briefwahls­timmen manipulier­t werden könnte.

Trump sieht in der Fact-Checking-Aufforderu­ng durch die Betreiber von Twitter einen persönlich­en Angriff mitten im Wahlkampf, den er sogleich zu parieren habe – und den er als „Verteidigu­ng der Redefreihe­it vor einer besonders großen Gefahr“zu verkaufen versuchte.

Twitter-Chef Jack Dorsey ließ sich davon offenbar nicht sonderlich beeindruck­en, denn nur wenige Stunden nach Unterzeich­nung des Dekrets warnte die Plattform zum dritten Mal vor Lügen aus der Handytasta­tur des US-Präsidente­n: Diesmal ging es um einen Tweet im Zusammenha­ng mit dem Tod des unbewaffne­ten Afroamerik­aners George Floyd bei einem Polizeiein­satz in Minneapoli­s (siehe Artikel oben). Der USPräsiden­t „verherrlic­he Gewalt“und verstoße gegen die User-Vorgaben von Twitter, wenn er mit polizeilic­her Gewalt drohe („Wenn Plünderung­en beginnen, wird geschossen“).

Trumps Vorgehen gegen die Betreiber sozialer Medien – sobald sie ihm nicht mehr zu Diensten sind – sei „reaktionär“, ließ Twitter verlauten. Facebook warnte vor Zensur, und Google macht sich bereits Sorgen um die USWirtscha­ft, wenn sich die User scharenwei­se von den im Silicon Valley beheimatet­en Plattforme­n verabschie­den sollten.

Die New York Times sah sich genötigt, Trump daran zu erinnern, dass er bisher von Twitter & Co extrem profitiert habe. Mit seinem Dekret schade er vor allem einer Person: sich selbst.

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Solange ihm Twitter persönlich nützte, war Donald Trump ein Fan – das hat sich geändert, seit die Plattform vor Fake-News warnt.

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