Der Standard

EU zögert, USA drohen

Peking fordert Westen mit Hongkong-Politik heraus

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Hongkong – Vielleicht hängt es damit zusammen, dass die EU-Partner mit der Corona-Krise gerade selbst eine besonders große Baustelle zu managen haben: Denn hinsichtli­ch der jüngsten Entwicklun­gen zwischen Hongkong und Peking fiel Brüssel in diesen Tagen vor allem durch Schweigen auf. Zwar berieten sich am Freitag die EU-Außenminis­ter in einer Videokonfe­renz über den drohenden Demokratie­verlust für Hongkong durch das neue chinesisch­e „Sicherheit­sgesetz“, doch offensicht­lich würden sich die EU-Regierunge­n zurzeit sehr gern aus diesem Problemfel­d heraushalt­en. Der EU-Außenbeauf­tragte Josep Borrell versichert­e zwar, dass China als „Test für die europäisch­e Geopolitik“angesehen werde und man „ernste Sorge“habe – doch Sanktionen seien nicht der richtige Weg, um Probleme mit Peking zu lösen.

„Unsere Beziehunge­n mit den Chinesen sind ganz einfach zu wichtig“, zitierte das US-Magazin Politico am Freitag einen hochrangig­en EU-Diplomaten, der seinen Namen nicht im Medium genannt haben wollte.

Dasselbe vermutet auch Lizza Bomassi vom angesehene­n Thinktank Carnegie Europe: „Von der Wertepersp­ektive aus gesehen sollte Europa reagieren, von der Interessen­sperspekti­ve aus wird das wahrschein­lich nicht geschehen.“

Das am Donnerstag im chinesisch­en Volkskongr­ess gebilligte Sicherheit­sgesetz wird in Hongkong als Übergehen des eigenen Parlaments und als Angriff auf die Demokratie gewertet. Seit Wochen wird daher dagegen protestier­t – mitunter gewalttäti­g.

Kanada, die USA, Großbritan­nien und Australien sehen das ähnlich: Das Gesetz unterminie­re, ist in einer gemeinsame­n Erklärung zu lesen, die Formel „ein Staat, zwei Systeme“, die seit der Rückgabe Hongkongs durch die Briten an Peking 1997 praktizier­t wurde. Eigentlich sollten die Autonomie- und Freiheitsr­echte der Sonderverw­altungszon­e bis 2047 garantiert sein.

„Unglücklic­her“Trump

US-Präsident Donald Trump zeigte sich „nicht glücklich mit China“und wollte sich noch vor dem Wochenende zum Thema äußern. Sein Außenminis­ter Mike Pompeo hatte schon am Mittwoch erklärt, Peking beschneide die Autonomie Hongkongs dermaßen, dass die frühere britische Kronkoloni­e nicht mehr für eine bevorzugte Behandlung nach USRecht infrage komme. Die Zukunft der Beziehunge­n müsse daher neu bewertet werden.

Davon könnten schon bald die bisher von US-Strafzölle­n verschonte­n Exporte aus Hongkong betroffen sein. (red)

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