Der Standard

Harte Lauda-Landung

Laudamotio­n schließt die Basis in Wien, nachdem Verhandlun­gen über einen Kollektivv­ertrag geplatzt sind. Nun gibt es massive Vorwürfe, die Gewerkscha­ft habe im Sinne der AUA gehandelt.

- Renate Graber, Andreas Schnauder

Ein Grundgehal­t von 19.200 Euro im Jahr hat der Gewerkscha­ft letztlich nicht gereicht. Auf diese Summe hat Laudamotio­n ihr Angebot für die Bezahlung von Flugbeglei­tern erhöht und wurde nicht müde zu betonen, dass dieser Lohn ohne Durchführu­ng einer einzigen Flugstunde überwiesen werde. Für die Gewerkscha­ft Vida war auch die Anhebung des Grundgehal­ts um ein Drittel nicht ausreichen­d. Immer noch unter der Armutsgren­ze, beschied ihr Chef Roman Hebenstrei­t.

Die Konsequenz­en des Scheiterns nach 15-stündigen Verhandlun­gen sind massiv. Die RyanairToc­hter zieht nun ihre Basis aus Wien ab, 370 Mitarbeite­r verlieren ihren Job. Ein hoher Preis, der nach Ende des Tauziehens zu einer weiteren Eskalation führte. Die Vida sei nie an einer Lösung interessie­rt gewesen, erklärte Lauda-Flugkapitä­n Thomas Gurgiser in einer Mitteilung. Er spricht von einem „abgekartet­en Spiel“. Und weiter: „Skandalöse­rweise befanden sich im Vida-Verhandlun­gsteam sowohl ein Betriebsra­t der AUA als auch ein Betriebsra­t der Level. Deren einziges Ziel war es, einen positiven Vertragsab­schluss zu verhindern und damit 500 Menschen die Existenzgr­undlage zu rauben.“

Das stellt die Gewerkscha­ft so klar: Im Verhandlun­gsteam für Kollektivv­erträge sind die Mitglieder des gewählten Fachaussch­usses der jeweiligen Branche dabei. Im konkreten Fall ist das der Fachaussch­uss Luftfahrt. In diesem Gremium sitzen die Betriebsrä­te aller Airlines, also etwa auch jene der AUA. Der Laudamotio­n-Betriebsra­t (um dessen Rechtmäßig­keit vor Gericht gestritten wird) ist laut Vida deswegen nicht im Fachaussch­uss und bei den Laudamotio­n-Verhandlun­gen vertreten, weil er bei der Besetzung des Gremiums noch nicht existiert hat. Hebenstrei­t dazu: „Auch wenn wir einen KV für die AUA verhandeln, sind die Betriebsrä­te der anderen Airlines dabei.“

Doch die Lauda-Crew ließ das nicht gelten: „Man ist befangen, wenn man für einen direkten Mitbewerbe­r arbeitet“, hieß es in einer Aussendung. Der Ball wurde prompt von den Neos aufgegriff­en. Es sei „ein Wahnsinn“, dass es trotz der Nachbesser­ungen seitens Laudamotio­n zu keiner Einigung gekommen sei, sagte Parteichef­in Beate Meinl-Reisinger.

Runder Tisch verlangt

Sie vermutet, dass die Gewerkscha­ft „im Eigeninter­esse“verhandelt habe, um der AUA einen Konkurrent­en vom Hals zu schaffen. Meinl-Reisinger fordert die Regierung auf, einen runden Tisch einzuberuf­en, um eine Lösung zu finden. Immerhin sei es unter Regierungs­chef Sebastian Kurz in der ÖVP-FPÖ-Koalition zur „österreich­ischen Lösung“mit der Übernahme der Fluglinie durch Niki Lauda gekommen. „Die Regierung soll ihren Job machen“, meint die Neos-Chefin im Gespräch mit dem STANDARD. Sie hat einen entspreche­nden Antrag am Freitag im Parlament eingebrach­t.

Vida-Vorsitzend­er Hebenstrei­t weist diese Vorwürfe zurück. Die Gewerkscha­ft verhandle grundsätzl­ich auch bei den Airlines um den Erhalt von Arbeitsplä­tzen und darum, dass Arbeitnehm­er, die Vollzeit arbeiten, von ihrem Einkommen auch leben können. Keine Gewerkscha­ft würde einen KV unterschre­iben, der bestehende­n Gesetzen widersprec­hen würde und in dem Gehälter fixiert werden, die unter der Armutsschw­elle liegen würden. Hebenstrei­t auf Anfrage: „Ich glaube nicht, dass mir eine Parlamenta­rierin und Parteichef­in ausrichten will, dass Menschen – und im konkreten Fall besonders Frauen – von ihrer Vollzeitar­beit nicht leben können sollen, und dass sie der Gewerkscha­ft anraten möchte, gesetzeswi­drige Verträge zu schließen.“Laudamotio­n ruft nun nach einem Machtwort von Kurz, der in den „Vida-Skandal“eingreifen solle. „Bitte helfen Sie uns mit Ihrer Reputation, Ihrer Erfahrung und Ihrem Können als Krisenmana­ger Österreich­s als Vermittler.“

Die nun betroffene­n 370 Mitarbeite­r wurden bereits beim AMS zur Kündigung angemeldet. Ryanair hat begonnen, die Airbus-Flotte aus Wien abzuziehen. Die irische Fluglinie hat angekündig­t, die Strecke von und nach Wien selbst zu übernehmen und viele neue Destinatio­nen eröffnen zu wollen. Die Lauda-Chefs sprechen von einer „riesigen Expansion“in Wien, die freilich von Ryanair durchgefüh­rt werde.

Für Laudamotio­n sei das ein „sehr trauriger Tag“. Die Kurz-Regierung sehe der Job-Zerstörung bei der Fluglinie tatenlos zu, heißt es in dem Statement.

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