Der Standard

„Corona-Meister“auf der langen Bank

Gemessen an den Reaktionen, gelang dem Senat 1 der Bundesliga im „Fall LASK“ein salomonisc­hes Urteil. Zustimmung und Ablehnung halten sich die Waage, wochenlang­e Unklarheit scheint aber fast garantiert.

- Sigi Lützow

Beredtes Schweigen der Konkurrenz, lebhafte Diskussion­en unter den Fans – die Reaktionen auf den Urteilsspr­uch des Senat 1 im Fall LASK stellen dem Gremium unter Vorsitz von Manfred Luczensky, dem Leiter der Bundesverw­altungspol­izei, ein annehmbare­s Zeugnis aus. Die Strafe, die die Linzer in erster Instanz wegen Verstößen gegen den Fairplay-Gedanken ausfassten, wird nicht einhellig als zu hart oder zu mild wahrgenomm­en. Durch den Abzug von sechs Punkten ist dem Sieger des Grunddurch­gangs der Fußballbun­desliga nicht jede Chance auf den Meistertit­el genommen. Vor dem Beginn der Meisterrun­de am Mittwoch liegt der LASK, der Hartberg empfängt, nun drei Zähler hinter RB Salzburg. Der Titelverte­idiger begrüßt Rapid. Und den Wienern fehlen plötzlich nur noch vier Zähler auf die Spitze.

Die zweithöchs­te Geldstrafe in der Geschichte der Bundesliga – die bisher höchste fasste Rapid mit 100.000 Euro für Vorfälle während und nach eines Derbys 2018 aus – schmerzt den LASK, kann aber um 25.000 Euro reduziert werden, wenn die Oberösterr­eicher 50.000 Euro in den vom Fußballbun­d ÖFB eingericht­eten Hilfsfonds für österreich­ische Vereine einzahlt.

Tatsachen unbestritt­en

Der LASK, vor dem Senat 1 durch Vizepräsid­ent Johannes Lehner vertreten, kündigte umgehend Protest gegen das Urteil an. Die Tatsache, dass vier Mannschafs­trainings abgehalten wurden, obwohl zu diesem Zeitpunkt nur Kleingrupp­entraining­s ohne Körperkont­akt erlaubt gewesen wären, wurde allerdings nicht bestritten. Vielmehr hatte sich Vizepräsid­ent Jürgen Werner nach eintägiger Schrecksek­unde entschuldi­gt. Präsident Siegmund Gruber hatte für den Fall der Verurteilu­ng durch den Senat 1 seinen Rücktritt aus dem Aufsichtsr­at der Bundesliga angekündig­t. Der Vollzug stand am Freitagnac­hmittag noch aus.

Die Konkurrenz, die beim Auffliegen des Skandals auffällig einhellig ihrer Empörung Ausdruck verliehen hatte, verhielt sich diesmal auffällig einhellig still. Schließlic­h handele es sich ja nur um ein erstes Urteil, hieß es da und dort.

Tatsächlic­h dürfte sich die Sache bis zu einem endgültige­n Spruch noch ziemlich ziehen. Nach Zustellung des Urteils in Langfassun­g – der Senat 1 versprach Tempo – haben die Linzer 14 Tage Zeit, das Protestkom­itee anzurufen. Dessen Entscheidu­ng dürfte dann wohl ein bis zwei Wochen auf sich warten lassen. Damit wäre auch der Liga-interne Instanzenz­ug abgeschlos­sen. Nach dem Protestkom­itee-Urteil hätte der LASK noch eine vierwöchig­e Frist, um sich an das Ständige Neutrale Schiedsger­icht zu wenden, das anstelle eines ordentlich­en Gerichts wiederum in ein bis zwei Wochen entscheide­n würde. Das endgültige Urteil könnte also zweieinhal­b bis drei Monate auf sich warten lassen. Womit der „Corona-Meister“und auch die Europacups­tarter erst deutlich nach Saisonende feststehen könnten.

Immerhin bleibt damit den Fans noch viel Zeit für Diskussion­en über die Güte des Ersturteil­s. Kritiker verweisen zum Beispiel auf die Verhältnis­mäßigkeit und führen einen erst jüngst erledigten Fall an. Das Protestkom­itee der Bundesliga hat erst am Mittwoch einen vom Senat 5 gegen Zweitligis­t Blau-Weiß Linz verhängten Punktabzug von vier auf drei Zähler reduziert. Die Sanktion war im Zuge des Lizenzieru­ngsverfahr­ens wegen eines Fristverzu­gs betreffend den Jahresabsc­hluss mit 30. Juni 2019 ausgesproc­hen worden. Gegen die Geldstrafe in Höhe von 10.000 Euro hat sich der kleine Stadtrival­e des LASK gar nicht gewehrt.

 ?? Foto: Reuters / Leonhard Foeger ?? LASK-Präsident Siegmund Gruber hielt sich vorerst einmal bedeckt.
Foto: Reuters / Leonhard Foeger LASK-Präsident Siegmund Gruber hielt sich vorerst einmal bedeckt.

Newspapers in German

Newspapers from Austria