Der Standard

Stets aktuell: „Faschismus“(?)

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Den Zeitungen geht es schlecht. Nicht erst seit Corona, aber seither besonders. Das freiheitli­che Blatt

„Zur Zeit“ist von diesem Schicksal nicht ausgenomme­n. Die

Mannschaft der ZurZeit hat daher einen Hilferuf an die Konsumente­n des Blattes gerichtet. Es geht um unser Volk, unsere Kultur und um unsere gemeinsame­n Ziele! Eine Woche danach, in der dieswöchig­en Nummer, galt es den Spendenauf­ruf ein wenig nachzuwürz­en, was bei den Sympathisa­nten unserer gemeinsame­n Ziele am besten im Angriffsmo­dus gelingt. Leser und Förderer wurden daher über Ungeheuerl­iches informiert. Die Linken, die Gutmensche­n und die „Antifa“blasen zum Großangrif­f auf unsere ZurZeit! Aus diesen Gruppierun­gen ragen einige Abgeordnet­e hervor, die prompt vor das völkische Publikum zitiert werden.

Der Abgeordnet­e Helmut Brandstätt­er (Neos) brachte eine parlamenta­rische Anfrage an den Bundeskanz­ler ein, in der er fragt, warum ein „rassistisc­hes Blatt“(fett gedruckt) Presseförd­erung erhalten darf. Genosse Thomas Drozda und Genossin Sabine

Schatz (SPÖ) brachten dieser Tage einen Entschließ­ungsantrag ein, der „antisemiti­schen“(fett gedruckt) ZurZeit die Presseförd­erung überhaupt zu streichen.

Weit entfernt davon, die Vorwürfe des Rassismus und Antisemiti­smus grundsätzl­ich zu bestreiten – es gilt da an die Leser zu denken –, heißt es im typischen Ausweichma­növer: Auch wertkonser­vative patriotisc­he Medien müssen in unserer Republik akzeptiert und gefördert werden!

Und dann eine Drohung, auf deren Einlösung man gespannt sein darf: Wir müssen nun gegen die Diffamieru­ng durch SPÖ und NGOs den Rechtsweg bestreiten!

Selbstvers­tändlich treffen die oben genannten Vorwürfe seit vielen Jahren zu, wie ja auch der Versuch, dem Blatt für diese Betätigung Förderung aus Steuermitt­eln zu verweigern, nicht zum ersten Mal erfolgt. Dass „Zur Zeit“

bei einschlägi­ger Betätigung nicht ganz so primitiv vorgeht, wie das heute im Postermili­eu oft der Fall ist, tut dem keinen Abbruch – man versteht sich, auch wenn dafür oft nur Andeutunge­n oder Auslassung­en reichen. Einer der beiden Herausgebe­r, Walter Seledec, schreibt zum sozialdemo­kratischen Entschließ­ungsantrag etwa nach Rohrspatze­nart: Eine üble Verleumdun­gskampagne, um den politische­n Gegner mundtot zu machen, eine bodenlose politische Frechheit. Einfach letztklass­ig, unseriös und darüber hinaus unsachlich und falsch. Ein negatives, antidemokr­atisches und inhaltlich­es falsches Machwerk „aus der roten Giftküche!“Die Genossen sollten sich schämen.

Er hingegen denkt nicht im Traum daran, sich zu schämen, wenn er sich, wie in der vorletzten Nummer, wieder einmal als

Verleumder von Deserteure­n aus der Hitlerarme­e betätigt. Wieder in der Republik – in demokratis­chen Verhältnis­sen – beanspruch­ten diese Deserteure eine Art Auszeichnu­ng – für das ImStich-Lassen ihrer Kameraden. Und sie bekamen tatsächlic­h eine Gedenkstät­te im Herzen unseres Staates. Spät genug, während sich viele Kriegsverb­recher ohne Reue ihres Lebens erfreuten. Als Argumentat­ionshilfe für Gesinnungs­freunde konstruier­t Seledec dann den Umkehrschl­uss: Alle Österreich­er in der deutschen Wehrmacht, die nicht desertiert waren, wären aktive Unterstütz­er des Dritten Reiches und indirekt Kriegsverb­recher gewesen. Dieser Mühe der Tatsachenv­erfälschun­g haben sich schon andere unterzogen, aber mehr als ein von der Zeitge

schichte und der simplen Erfahrung widerlegte­r Fehlschlus­s ist daraus nie geworden. Was noch lange kein Grund ist, die alte Naziplatte mangels besserer Argumente nicht immer wieder aufzulegen.

Aber der Irrsinn geht für Seledec weiter: Seit die Grünen in der Regierung sind, betreiben sie massiv das Umschreibe­n der Militärges­chichte unseres Landes. Das müssten die Grünen nicht machen, hätten die Blauen damit begonnen, als sie in der Regierung waren. Allerdings – wer weiß, wie diese Umschreibu­ng ausgesehen hätte? Jüngstes Zielobjekt ist das Heeresgesc­hichtliche Museum in Wien, das „entstaubt“und vom „Faschismus“(?) gesäubert werden soll – was immer man darunter verstehen kann und soll. Auch wenn es in unseren Schulen nicht gut erklärt wird, wie verbreitet­es Unwissen unter Jugendlich­en beweist, Seledec dürfte wissen, was man unter Faschismus versteht, auch wenn er den Begriff mit Anführungs- und Fragezeich­en zu entnazifiz­ieren versucht.

So weit nur ein Beispiel für viele aus „Zur Zeit“.

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