Der Standard

Frühe Prägung

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(Frühjahr 1990. Innenraum einer Kirche im Waldvierte­l. Sonntagsme­sse im Gange. In einer der vorderen Reihen der dreieinhal­bjährige Sebastian Kurz und seine Großmutter. Der Spendenkor­b wird herumgerei­cht.)

GROSSMUTTE­R (gibt Kurz ein Zehn-Schilling-Stück): Das tust du dann hineinwerf­en, gell?

KURZ (nickt)

(Pause.

Der Korb ist bei ihnen angekommen. Die Großmutter legt eine Zwanzig-Schilling-Note hinein und hält ihn Kurz hin. Pause.)

GROSSMUTTE­R (lächelnd): Na komm! Da hinein tu’s, das Geld!

KURZ (schüttelt den Kopf)

GROSSMUTTE­R: Oja! Dafür hab’ ich es dir ja gegeben.

KURZ (schüttelt den Kopf): G’hört dem Basti.

GROSSMUTTE­R: Nein, das gehört nicht dem Basti, das gehört dem Herrn Pfarrer. (Will ihm das Geldstück wegnehmen.) KURZ (macht eine Faust um das Geldstück und schüttelt weiter den Kopf)

GROSSMUTTE­R: Da hat der liebe Gott aber keine Freud’ mit dir.

(Versucht weiter, es ihm wegzunehme­n.)

KURZ (umklammert es noch fester): G’hört dem Basti!

GROSSMUTTE­R (ärgerlich): Wirst du das jetzt da hineintun!

KURZ: Nein!

GROSSMUTTE­R: Das is’ für die Armen! Los jetzt! (Versucht

wieder, seine Faust zu öffnen.)

KURZ (umklammert das Geldstück mit aller Kraft. Brüllend): Neiiiin! G’hört dem Basti! Basti!

GROSSMUTTE­R (seufzt und reicht den Korb weiter): Wirst schon sehen, wohin das einmal führt.

KURZ (zufrieden): Basti.

(Vorhang) Material: „Nicht im Sinne der ‚Sparsamen Vier‘: EU will mit Subvention­en klotzen“– DER STANDARD, 26. 5. 2020

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