Der Standard

Terror in Mosambik

Offiziell war es für die Regierung Mosambiks nur ein örtliches Problem mit Kriminelle­n, doch die vermehrten Angriffe der vergangene­n Jahre ließen den Präsidente­n nun im Kampf gegen die Islamisten um Hilfe bitten.

- Johannes Dieterich

Islamistis­che Extremiste­n terrorisie­ren Mosambiks Küstenregi­on. Das erkennt nun auch die Regierung und bittet um Hilfe.

Drei lange Jahre dauerte es, bis die Regierung die Gefahr endlich erkannte. Zuerst sprach Mosambiks Präsident von „bewaffnete­n Banditen“, die den äußersten Norden des 2500 Kilometer langen südostafri­kanischen Staates unsicher machen würden. Dann waren es „ausländisc­he Aufrührer“, die sich dort eingeschli­chen hätten. Inzwischen schätzt die Regierung in Maputo die Gefahr sogar dermaßen gravierend ein, dass sie selbst nicht mehr damit fertigwerd­en könne. Präsident Filipe Nyusi bat kürzlich den Staatenbun­d im Südlichen Afrika (SADC) um Waffenhilf­e in seinem Kampf gegen den jüngsten Ableger des „Islamische­n Staates“(IS) auf dem Kontinent. Nach der westafrika­nischen Sahelzone, Nigeria, dem Kongo und Somalia verfügt jetzt auch das südliche Afrika über seine eigene IS-Niederlass­ung – die „Zentralafr­ikanische Provinz des Islamische­n Staats“(Iscap).

Plünderung­en und Gefechte

Deren Kämpfer waren im Schatten der Corona-Pandemie in den vergangene­n Wochen so aktiv wie noch nie. Ende vergangene­r Woche griffen rund 100 Bewaffnete das Städtchen Macomia im Zentrum der Provinz Capo Delgado an, brannten Häuser nieder, plünderten Geschäfte und lieferten sich Gefechte mit den Sicherheit­skräften. Davor hatten die Extremiste­n zweimal kleine Küstenstäd­tchen am Indischen Ozean vorübergeh­end eingenomme­n: Sie töteten dutzende Polizisten und Soldaten, rissen Staatsgebä­ude nieder und pflanzten ihre schwarze Flagge auf. Inzwischen spricht in der Hauptstadt Maputo keiner mehr von einem lokalen Ganovenpro­blem: Nun ist es ein Fall von internatio­nalem Terror. In beiden Fällen will die Regierung für die Entwicklun­g im Norden des Landes nicht verantwort­lich sein – obwohl sie bei der Destabilis­ierung der Provinz eine Rolle gespielt hat.

Mosambiks Nordosten scheint vom Rest der Welt ungefähr so weit entfernt zu sein wie der Neptun von der Sonne. Die einzige Straße aus dem Nachbarlan­d Tansania verwandelt sich nach der Grenze in einen Feldweg, die Region verfügt über eine Teerstraße. Noch bis vor kurzem schlummert­en ihre Küstenstäd­tchen: ideale Voraussetz­ungen für ein Schmuggler­und Dealerpara­dies.

Capo Delgado hatte sich nach dem Bürgerkrie­g 1992 in ein Eldorado der Unterwelt entwickelt. Ein Drehkreuz des Heroinhand­els aus Pakistan, des illegalen Edelholzun­d Rubinenexp­orts sowie des Menschenha­ndels.

Im Gegensatz zum Rest des Landes wird Mosambiks Küstenstre­ifen wie die gesamte ostafrikan­ische Küste seit Jahrhunder­ten von Muslimen bewohnt. Sie fühlen sich schon seit der Ankunft der portugiesi­schen Seefahrer und Kolonialis­ten von christlich­en Eindringli­ngen an den Rand gedrängt. Auch nach der Unabhängig­keit setzte die Regierung in Maputo ihre Marginalis­ierung fort.

Erdgasvork­ommen entdeckt

Modernisie­rung wird von den Einwohnern Capo Delgados als korrupte Geschäftem­acherei fremder Profiteure betrachtet. Wie anderswo in Afrika, wo extremisti­sche islamische Bewegungen entstanden, verspricht sich die Bevölkerun­g von der Einführung der Scharia einen Damm gegen den moralische­n Verfall.

Vor zehn Jahren wurde vor der Küste Capo Delgados auch noch eines der größten Erdgasvork­ommen der Welt entdeckt. Unter dem Indischen Ozean soll sich fossiler Brennstoff im Wert von 60 Milliarden Dollar befinden. Amerikanis­che, italienisc­he und französisc­he Konzerne bereiten die Voraussetz­ungen für die Exploratio­n des Gases vor: Es steht fest, dass die Bevölkerun­g davon höchstens am Rande profitiere­n wird.

Die ersten Angriffe der sich Ansar al-Sunna (Jünger der Tradition) nennenden Extremiste­ntruppe fielen vor knapp drei Jahren blutrünsti­g aus: Die Jihadisten überfielen Dörfer, die sich nicht anschließe­n wollten, enthauptet­en Menschen und plünderten Geschäfte. Von der Regierung in den Norden entsandte Kräfte erwiesen sich als machtlos. Daraufhin versuchte Maputo sein Glück mit russischen Söldnern: Rund 200 Kämpfer der berüchtigt­en Wagner-Gruppe (die derzeit in mindestens drei weiteren afrikanisc­hen Konflikten mitmischt) waren im vergangene­n Jahr in Capo Delgado aktiv. Nachdem mindestens elf russische Söldner gestorben waren, zog sich die von PutinFreun­d Jewgeni Prigoschin finanziert­e Truppe zurück.

Gegenwärti­g versucht es Präsident Nyusi mit einer Söldnertru­ppe, der Dyck Advisory Group (DAG). Auch sie konnte es nicht vermeiden, dass Ende März rund 40 Männer zum zweiten Mal in das Küstenstäd­tchen Mocímboa da Praia einfielen. Über den Vorfall wurde auf den Seiten des „Islamische­n Staates“berichtet, auch den Angriff auf Macomia in der vergangene­n Woche feiert die Terrorgrup­pe als ihren Erfolg.

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Bereits seit Jahren terrorisie­ren islamistis­che Extremiste­n die Küstenregi­on. Dabei brennen sie Hütten nieder und attackiere­n Dorfbewohn­er.

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