Der Standard

Die Kundenakqu­ise der blauen Glücksfee

Hat der blaue Bezirksrat Peter Sidlo, der später Casinos-Vorstand wurde, auf Kosten seines früheren Arbeitgebe­rs die Geburtstag­sfeier seiner Frau organisier­t? Sein Anwalt sagt, der Event diente der „Kundenakqu­ise“.

- Fabian Schmid, Renate Graber

Für die Casinos-Ermittlung­en und den Ibiza-Ausschuss ist es eine entscheide­nde Frage: War der freiheitli­che Bezirksrat Peter Sidlo qualifizie­rt genug, um Vorstand der Casinos Austria AG (Casag) zu werden? Um darauf Antworten zu finden, wird auch Sidlos Vergangenh­eit unter die Lupe genommen.

Zu seinem Geschäftsg­ebaren finden sich in den Akten nun neue Dokumente, die dem STANDARD vorliegen. Dabei handelt es sich um eine Rechnung der Sigma Invest AG, bei der Sidlo bis zu seiner Bestellung als Casinos-Vorstand im März 2019 gearbeitet hat.

Ausgestell­t wurde die Rechnung von einem Gastronomi­ebetrieb an die Sigma. 16.000 Euro machte eine Feier aus, die am 17. März 2018 organisier­t wurde: 960 Euro für einen DJ, viele Cocktails, 29 Flaschen Champagner um 1931 Euro. Mehrere anwesende Personen, darunter Servicekrä­fte, sagen dem STANDARD, dass die Veranstalt­ung eine Geburtstag­sfeier für Sidlos Frau war – und als solche auch angekündig­t worden ist. Angeblich waren auch mehrere hochrangig­e FPÖ-Politiker anwesend. Die Vorwürfe stellen einen fragwürdig­en Umgang mit Firmengeld in den Raum, ebenso steuerrech­tliche Fragen.

Sidlos Anwalt Markus Ruhri sagt dazu, dass es sich sehr wohl um einen Firmeneven­t gehandelt habe. Dieser diente „der Präsentati­on und Akquisitio­n vor einem Kreis geladener Gäste“, die Sidlo als Vorstand der Sigma begrüßt habe.

Auf Geburtstag angestoßen

„Da seine Gattin in zeitlicher Nähe zum Termin Geburtstag feiert, wurde in weiterer Folge auf den Geburtstag angestoßen“, so Sidlos Anwalt. Und warum wurde dem STANDARD von Anwesenden gesagt, dass der Event als Geburtstag­sfeier präsentier­t wurde?„Einigen Gästen gegenüber wurde die Veranstalt­ung als ‚Geburtstag­sfeier‘ angekündig­t, um sie auf diese Weise zur Teilnahme zu motivieren. Hintergrun­d war aber ausschließ­lich der genannte geschäftli­che Zweck“, so Sidlos Anwalt.

Der FPÖ-Bezirksrat habe die Kosten daher auch nicht privat übernommen. Auch Spekulatio­nen, dass eine Rechnung an einen der Vereine aus dem FPÖ-Umfeld gelegt wurde, weist der Anwalt von sich. Sidlo hatte bei der Sigma Gutachten für die FPÖ Wien erstellt, beispielsw­eise zu Frankenkre­diten der Stadt Wien.

Die Sigma selbst reagierte auf Anrufe und eine Anfrage per EMail nicht. Firmenchef ist Markus Braun (nicht zu verwechsel­n mit dem gleichnami­gen WirecardCh­ef). Er war selbst in FPÖ-nahen Vereinen aktiv, die von der Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA) untersucht werden. Er ist Obmann des Vereins Austria in Motion, der unter anderem Spenden vom Waffenhers­teller Steyr Arms lukrierte. Um Unterstütz­ung sollen der ehemalige FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und sein Vize Johann Gudenus geworben haben. Ermittler denken, dass die Vereine gegründet wurden, um „finanziell­e Zuwendunge­n für die FPÖ respektive Heinz-Christian Strache zu lukrieren“. Das bestreiten die Beteiligte­n. Geplant war, dass Gudenus’ Ehefrau Tajana von Austria in

Motion für die Betreuung eines Projekts bezahlt wird, und zwar mit 1000 Euro pro Monat – dazu kam es nie. Der Verein wollte außerdem eine Studie über die Vereinbark­eit von Familie und Beruf anhand der Novomatic-Tochter Admiral durchführe­n – das kam ebenfalls nie zustande.

Blaue Woche im U-Ausschuss

Braun ist außerdem Kassier des Instituts für Sicherheit­spolitik (ISP), mit dem die Novomatic kooperiert. Der Investment-Experte ist mit Sidlos Schwester verheirate­t, von der FPÖ wurde er in den Stiftungsr­at des ORF entsandt.

Für alle Genannten gilt die Unschuldsv­ermutung. Sidlo wird heute, Mittwoch, im U-Ausschuss befragt; Braun am Donnerstag. Außerdem geladen: der einstige Novomatic-Sprecher Bernhard K., der einst auch für den Ausschussv­orsitzende­n Wolfgang Sobotka kommunizie­rte, sowie der ehemalige Staatssekr­etär Hubert Fuchs (FPÖ) – beide am Mittwoch; sowie FPÖ-Chef Norbert Hofer und ÖBBFinanzv­orstand Arnold Schiefer am Donnerstag.

Befragt werden Sidlo und Co dort unter anderem vom einstigen Dritten Nationalra­tspräsiden­ten Martin Graf, der persönlich­e Erfahrunge­n mit seinem Parteikoll­egen Sidlo hat. So soll ihn Sidlos Vater bei einem Rapid-Match auf der Toilette gefragt haben, ob Sidlos Bestellung zum Casinos-Vorstand klappe. Graf sagt zum STANDARD:

„Es ist richtig, dass mich ein unbekannte­r älterer Herr wegen Unterstütz­ung von seinem Sohn Peter Sidlo bei einem Rapid-Match im VIP-Klub angesproch­en hat.“Er habe keine Zusage gemacht, das Gespräch soll nach sechzig Sekunden beendet worden sein.

Ermittler vermuten, dass der Glücksspie­lkonzern und CasagMitei­gentümer Novomatic die Bestellung von Sidlo im Rahmen eines größeren Deals mit der FPÖ unterstütz­e – beispielsw­eise für Gesetzesän­derungen. Das bestreiten die Partei und der Konzern vehement. Die frühzeitig­e Ablöse des Casinos-Vorstands im März 2019 kostete das Unternehme­n, das teils im Staatsbesi­tz ist, 12,6 Millionen Euro. Nach nur neun Monaten wurde Sidlo abberufen.

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Nur neun Monate war Peter Sidlo Vorstand der Casinos Austria. Seine Bestellung hat für die Beteiligte­n aber langfristi­ge Konsequenz­en: Ermittlung­en und einen U-Ausschuss.

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