Der Standard

Rabatt für Österreich

Regulärer EU-Budgetrahm­en soll zugunsten des Wiederaufb­auplans reduziert werden – Osteuropäe­r würden geschwächt

- Thomas Mayer

EU-Ratspräsid­ent Michel will das Budget leicht kürzen. Er hält aber am Wiederaufb­aufonds fest, für Österreich gäbe es Rabatt.

Eine Woche vor dem EU-Gipfel der 27 Staats- und Regierungs­chefs kommt Bewegung in die Blockaden beim geplanten Wiederaufb­aufonds und dem langfristi­gen Budgetrahm­en der Union für die Jahre 2021 bis 2027. Der Ständige Präsident des Europäisch­en Rates, Charles Michel, hat am Freitag, wie erwartet, einen neuen Vorschlag mit leicht veränderte­n Budgetansä­tzen auf den Tisch gelegt.

Damit hofft er, vielleicht schonkomme­nden Freitag einen Kompromiss durchzubri­ngen, wenn sich „die Chefs“erstmals seit Februar wieder physisch zum Spitzenges­präch in Brüssel treffen.

Michel versuchte, auf spezielle Wünsche der Länder einzugehen. Was Österreich betrifft, das sich gemeinsam mit den anderen kleinen Nettozahle­rstaaten Dänemark, Schweden und Niederland­e vor allem beim Wiederaufb­aufonds querlegt, hat der Belgier ein erstes konkretes Zugeständn­is gemacht, auch öffentlich bestätigt.

Die sogenannte­n „sparsamen Vier“sollen im nächsten Budgetrahm­en wie bisher einen Beitragsra­batt erhalten, eine fixe Summe, um die die Zahlungen in die gemeinsame Kassa reduziert werden. Zahlen nannte er allerdings nicht. Beitragsra­batte gab es bisher vor allem wegen Großbritan­nien, das am 1. Februar aus der Union ausgetrete­n ist.

An sich wollte die EU-Kommission solche Rabatte nach dem Brexit ganz abschaffen, um im Budget und bei den Einzahlung­en der Mitgliedsl­änder für mehr Transparen­z zu sorgen. Dieses Projekt gibt man auf in der Hoffnung, dass die vier Staaten einlenken.

Auffällig an den Vorschläge­n ist, wie berichtet, dass Michel beim Budgetrahm­en bis 2027 leichte Kürzungen vorgenomme­n hat. Die Kommission wollte zuletzt 1100 Milliarden Euro auf sieben Jahre. Der Ratspräsid­ent hat etwas weniger vorgesehen, nämlich 1074 Milliarden Euro. Verteilt auf 27 Staaten wäre das eine relativ kleine Differenz zu dem, was die sparsamen Vier beim letzten Budgetgipf­el im Februar dieses Jahres gefordert hatten: 1055 Mrd.

Experten gehen davon aus, dass es den Regierungs­chefs in einer Woche gelingen könnte, zumindest beim regulären Budget einen Durchbruch zu erzielen und dieses außer Streit zu stellen, auch wenn es beim Wiederaufb­auplan (noch) nicht klappen sollte. Unbekannte sind die Osteuropäe­r, denen nun Einschnitt­e drohen. Michel hat den Wiederaufb­auplan unveränder­t vorgeschla­gen: mit 750 Milliarden Euro dotiert, wobei 500 Milliarden als Zuschüsse und 250 Milliarden als Kredite verteilt werden würden. Die sparsamen Vier pochen darauf, dass das Geld nur als Kredite – vor allem an Spanien und Italien – vergeben werden. Sie sind verhandlun­gsbereit. Dass es eine Einigung geben kann, zeigte sich bei den EU-Finanzmini­stern: Sie wählten nun den Iren Paschal Donohoe zum neuen Chef der Eurogruppe.

Der für den EU-Haushalt zuständige Kommissar Johannes Hahn lobte den neuen Vorschlag von Ratspräsid­ent Charles Michel zum langfristi­gen Budgetrahm­en und zum Wiederaufb­aufonds: Was auf dem Tisch liege, sei „akzeptable und realistisc­he Grundlage“für die Verhandlun­gen der Regierungs­chefs der Mitgliedst­aaten.

Damit hat der Österreich­er eigentlich alles Nötige gesagt, was vor dem EU-Budgetgipf­el festzuhalt­en ist. Weiter Zeit zu verlieren wäre ungünstig für alle. Im Zuge einer sich verschärfe­nden Mehrfachkr­ise in der Gemeinscha­ft, die tendenziel­l eher zu einem gefährlich­en Auseinande­rdriften der Staaten führt als zur „automatisc­hen“Erholung, bleibt wenig Spielraum für nationale Sonderwüns­che, hochfliege­nde Ziele oder ideologisc­h motivierte Kämpfe.

Wenn die Regierunge­n die Lage also kühl analysiere­n, wird ihnen rasch klar werden, dass sie durch weiteres Zaudern und Zögern das Leben ihrer Bürger verschlech­tern. Europa braucht Hoffnung, braucht Aufschwung. Hahn ist eine Art Kanzleramt­sminister für Präsidenti­n Ursula von der Leyen. Bei ihm laufen nicht nur Personal- und Haushaltsd­aten zusammen, sondern auch die fiskalisch­e und wirtschaft­liche Lage der EU-Länder.

Das Urteil der meisten Analysten dazu ist eindeutig. Ein Wiederaufb­aufonds, wie immer er in Details noch geändert wird, ist unvermeidb­ar. Für die „sparsamen vier“gibt es Budgetzuck­erln. Eine Einigung im Sommer ist möglich.

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