Der Standard

Grüne Selbstfind­ung

Einer vierköpfig­en Familie aus Niederöste­rreich wurde das Einhalten des Ein-Meter-Abstands zum Verhängnis. Aus der Freude auf den Urlaub in Österreich wurde schlussend­lich eine zehntägige Quarantäne.

- Jan Michael Marchart Fabian Schmid

Grünen-Chef Werner Kogler bestritt als Vizekanzle­r das ORF- Sommergesp­räch. Seine Partei gibt den Juniorpart­ner mit eigenem Stil.

Eine Familie mit zwei Kindern aus dem westlichen Mostvierte­l kam gerade von einer Bergtour in Osttirol in ihr Hotel zurück, als das Telefon klingelte. Am anderen Ende der Leitung: die Amtsärztin. Sie forderte die Familie auf, sich sofort abzusonder­n und ihr Zimmer nicht mehr zu verlassen. Keinesfall­s dürfe die Familie heimfahren, ohne einen Corona-Test abzuwarten. Aus dem Urlaub wurden zehn Tage Quarantäne. Was nach erfolgreic­hem Corona-Krisenmana­gement klingt, sorgt am Ende für größtmögli­che Verwirrung.

„Urlaubsfre­uden vorbei“

Die Familie erfuhr, dass ihre Tischnachb­arin im Hotelresta­urant Corona-positiv getestet wurde. Das Management in dem Hotel teilt den Gästen als Corona-Maßnahme für deren Aufenthalt einen fixen Tisch zu. Die Tische wurden mit einem Meter Abstand zueinander angeordnet. Dieser Mindestabs­tand wird vom Tourismusr­essort und der Wirtschaft­skammer empfohlen. Holz-Babyelefan­ten auf der Anlage erinnern zusätzlich daran.

Die Familie wurde zu ihrer Verwunderu­ng von der Bezirkshau­ptmannscha­ft als Kontaktper­sonen mit hohem Infektions­risiko eingestuft. Warum? Weil das Gesundheit­sressort in einem Papier zur Verfolgung von Kontaktper­sonen einen Abstand von weniger als zwei Metern angibt. Es fallen Personen darunter, „die kumulativ für 15 Minuten oder länger in einer Entfernung von weniger als zwei Metern Kontakt von Angesicht zu Angesicht mit einem bestätigte­n Fall hatten“. Das ist im Restaurant leicht möglich.

Der durch die Regierung vielbeschw­orene Ein-Meter-Abstand bescherte der Familie die Quarantäne. Am Tag nach der Absonderun­g folgten die Corona-Tests, einen weiteren Tag später kamen die Ergebnisse: Alle waren negativ. Erst dann durfte die Heimreise angetreten werden. Diese solle aber ohne Zwischenst­opp erfolgen, sei der Familie noch mit auf den Weg gegeben worden.

Ein geplanter Aufenthalt in einem anderen Hotel war damit passé. „Unsere Urlaubsfre­uden waren damit endgültig vorbei“, schrieb die Familie dem STANDARD. Die restliche Quarantäne verbringt sie daheim. Der Osttiroler Tourismusv­erband ist über den Fall überrascht. Dort kannte man bisher auch nur die Ein-Meter-Regel. Aus dem zuständige­n Gesundheit­sministeri­um heißt es dazu, dass immer von einem „Mindestabs­tand“die Rede war, wobei das „Mindest“betont wird. Bei der Kontaktper­sonennachv­erfolgung gehe es darum, den kritischen Abstand zu Personen, die bereits mit einer Corona-positiven Person in Kontakt gekommen sind, zu definieren. Dieser habe immer weniger als zwei Meter betragen. Die Wirtschaft­skammer verweist auf die Lockerungs­verordnung des Gesundheit­sministeri­ums. Empfohlene­r Abstand dort: ein Meter.

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Sogar für den Tourismusv­erband war die Zwei-Meter-Regel des Gesundheit­sressorts eine Neuigkeit.

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