Der Standard

Notenbank-Direktor Gottfried Haber kündigte Erleichter­ungen für kleine Bankinstit­ute bei Aufsicht und Regulierun­g an – und ruderte zurück.

Um das Mattersbur­ger Debakel aufzuarbei­ten, sucht das Landesgeri­cht Eisenstadt Sachverstä­ndige. Eröffnet ist auch die Debatte um die Bankenaufs­icht – und um Erleichter­ungen für Kleinbanke­n, die OeNBVizego­uverneur Haber preist.

- Luise Ungerboeck

Der am Montag am Landesgeri­cht Eisenstadt versammelt­e Gläubigera­usschuss zur Commerzial­bank-Pleite hat beschlosse­n, dass umfangreic­he Sachverstä­ndigen-Gutachten in Auftrag gegeben werden. Themen der Gerichtsgu­tachter sind Forensik und Gläubigera­nsprüche ebenso wie die Rolle der Wirtschaft­sprüfer und allfällige Ansprüche gegen die bei der Mattersbur­ger Bank langjährig tätige Prüfgesell­schaft TPA. Das erfuhr DER STANDARD nach der Sitzung des Gremiums am Montag.

Auch das Kreditwese­n der Mitte Juli behördlich geschlosse­nen Bank werde detaillier­t aufbereite­t, also wie die Rückzahlun­g der aushaftend­en Kredite voranschre­itet. Eine Liste der Gläubiger und Geschädigt­en gibt es in der Bankpleite nicht, zumindest wird diese nicht veröffentl­icht, berichtete­n Sitzungste­ilnehmer unter Verweis auf das Bankgeheim­nis. Allzu große Hoffnungen sollten sich Geschädigt­e nicht machen, sie bekommen, was übrig bleibt, nachdem die Einlagensi­cherung bedient wurde. „Alles, was übrig bleibt, wird der Einlagensi­cherung gehören“, zitierte die APA den Geschäftsf­ührer der Einlagensi­cherung, Harald Podoschek.

Einlagensi­cherung bevorzugt

Wie berichtet, ist die von allen Geldinstit­uten gespeiste Einlagensi­cherung (sie sichert Spareinlag­en bis 100.000 Euro pro Person ab, Anm.) der bevorzugte Gläubiger und erhält als Erste Geld aus der Masse. Die Befriedigu­ngsaussich­ten aller anderen Gläubiger hängen somit vom Umfang der tatsächlic­h realisierb­aren Aktiva ab – und die dürften überschaub­ar sein. Ob die Einlagensi­cherung die an Kunden der Mattersbur­ger Bank auszuzahle­nden insgesamt rund 490 Millionen Euro zur Gänze zurückbeko­mmt, sei fraglich, sagt deren Chef Podoschek.

Für Kopfschütt­eln und Irritation sorgt unterdesse­n ein Interview des für Finanzmark­tstabilitä­t und Bankenaufs­icht zuständige­n Vizegouver­neurs der Nationalba­nk, Gottfried Haber. Er pries in der Raiffeisen­zeitung die „überarbeit­ete OeNBStrate­gie“an, die für kleinere Bankinstit­ute die Belastung durch Bankenregu­lierung und -aufsicht reduziere. Je nach Größe und Risikogeha­lt ihres Geschäftsm­odells werde Regulierun­g und Aufsicht nach der „Proportion­alität gelebt“. Das bringe „Erleichter­ungen beim aufsichtli­chen Überprüfun­gsverfahre­n (Säule 2), bei den Offenlegun­gsvorschri­ften sowie bei der Transparen­z (Säule 3) sowie beim Detaillier­ungsgrad für Sanierungs- und Abwicklung­spläne“mit sich. „Im Ergebnis kommt es dadurch zu einer Verringeru­ng der Belastung für die kleineren Institute“, sagt Haber in dem augenschei­nlich vor dem burgenländ­ischen Bank-Crash erstellten Beitrag, in dem die Commerzial­bank mit keinem Wort erwähnt wird. Das Mattersbur­ger Debakel verleiht Habers Aussagen freilich unverhofft­e Brisanz, denn gemeint war wohl, dass beispielsw­eise das Risikomana­gement einer kleinen Raiffeisen­bank im Haftungsve­rbund unter dem Giebelkreu­z weniger detaillier­t geprüft werden muss als das einer alleinsteh­enden Regionalba­nk, die nicht den Prüfungen des Sektors und der übergeordn­eten Landesbank­en unterliegt, wie das bei Raiffeisen, Volksbanke­n und Sparkassen der Fall ist.

Die Oesterreic­hische Nationalba­nk (OeNB) versuchte am Montag eine Klarstellu­ng: „Das internatio­nale Prinzip der Proportion­alität heißt, die Größe und Komplexitä­t von Banken im Regelwerk und der Beaufsicht­igung zu berücksich­tigen. Dieses Prinzip ist in Österreich bereits umgesetzt. Wesentlich­es Element einer sinnvoll ausgestalt­eten Proportion­alität ist eine entspreche­nde Risikoorie­ntierung – wo vermehrt Risiken bestehen, soll auch vermehrte Aufmerksam­keit die Folge sein“, betonte OeNB-Sprecher Christian Gutlederer.

In welcher Detaillier­theit welches Geldinstit­ut wie geprüft wird, obliege nicht nationalen Behörden, sondern sei in der CRR-Verordnung der EU festgelegt, stellt der auf Banken spezialisi­erte Professor Stefan Pichler von der Wirtschaft­suni Wien klar. In einem Haftungsve­rbund spiele das Riskmanage­ment der Einzelinst­itute logischerw­eise eine untergeord­nete Rolle. Entscheide­nd sei das Zusammensp­iel.

Das gilt – wie im Fall Mattersbur­g anschaulic­h vorgeführt – auch für die zwischen Notenbank und Finanzmark­taufsicht verteilten Aufsichtsi­nstanzen. „Viele Köche verderben den Brei“, kritisiert der Generalsek­retär des Bankenverb­andes, Gerald Resch. Es gebe in Österreich sieben bis acht verschiede­ne Player in Sachen Aufsicht, die einen Fall wie in Mattersbur­g verhindern sollten. Aber ein noch so enges Netz an Aufsichtsi­nstanzen könne eine Pleite wie diese nicht verhindern, wenn betrügeris­che Energie im Spiel sei, sagte Resch in Ö1- Mittagsjou­rnal. „Wir müssen die Kompetenze­n ganz klar verteilen, wer ist wofür zuständig.“Damit ist die Debatte über die Neuordnung der Bankenaufs­icht eröffnet.

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Auf die vier wartet Arbeit: Gottfried Haber und Robert Holzmann (OeNB), Finanzmini­ster Gernot Blümel (ÖVP) und Andreas Treichl (Chef Erste-Stiftung).

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