Koalition plant Gratis-Corona-Tests in Arztpraxen
Bund trägt laut Gesetzesentwurf die Kosten Warnung vor zu viel Macht für Anschober
– Die türkis-grüne Koalition plant weitere Gesetzesänderungen: Der Nationalrat soll demnach bereits am Mittwoch Covid-19-Tests in Arztpraxen beschließen. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) hatte die Möglichkeit erst am Freitag im STANDARD-Gespräch ins Spiel gebracht.
Geplant ist, dass die Krankenversicherungsträger den niedergelassenen Kassenvertragsärzten und Laboren ein Pauschalhonorar zahlen. Zuzahlungen durch Patienten sollen gesetzlich verhindert werden. Der Bund ersetzt den Kassen wiederum die Ausgaben aus Mitteln des Covid19-Krisenbewältigungsfonds.
Bundesrettungskommandant Gerry Foitik beschreibt im STANDARD-Interview bedenkliche Entwicklungen: Die Zahl der Corona-Infizierten würde schon bald stark steigen, und auch auf den Intensivstationen würde es wieder voller werden. „Die große Frage ist, schaffen wir es bis Mitte, Ende Oktober, die Zahlen wieder auf ein Niveau zu bringen, das vernünftig ist?“Denn dann geselle sich zur Pandemie ein weiteres Problem: Die Erkältungskrankheiten werden mehr.
Die gute Nachricht dazu: Erstmals wird die Influenza-Impfung ins kostenlose Kinderimpfprogramm aufgenommen.
Beim parlamentarischen Expertenhearing gab es am Montag von Juristen Lob dafür, dass das Gesundheitsministerium viele Anregungen aus der Begutachtung in die Novelle des Covid-19-Maßnahmengesetzes eingearbeitet hat. Für Kritik sorgt allerdings ein neuer Antrag, wonach die Regierung das Außerkrafttreten des Gesetzes per Verordnung bis Ende 2021 verschieben könnte. Der Jurist Konrad Lachmayr äußerte schwere verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Machtbefugnis des Gesundheitsministers, das Gesetz ohne Parlament um ein halbes Jahr zu verlängern.
Leichtes Plus bei Gewalt
Das Ausmaß häuslicher Gewalt ist während des Corona-Lockdowns nur wenig gestiegen. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts OGM berichteten vier Prozent von 800 befragten Personen von diesbezüglichen Wahrnehmungen. Gleichzeitig waren 30 Prozent der Meinung, dass es weit mehr zusätzliche Übergriffe gegeben habe.
Finanzminister Gernot Blümel hat einen neuen Antrag für den Fixkostenzuschuss II bei der EU-Kommission eingebracht. Brüssel hat den ersten nicht akzeptiert. (red)
Am Sonntag um halb acht Uhr abends setzte der Bundesrettungskommandant des Roten Kreuzes, Gerry Foitik, einen Tweet ab. Das Mitglied der Corona-Taskforce des Gesundheitsministeriums hatte keine guten Nachrichten. „Nächste Woche wird es voraussichtlich schwierig“, tippte er. Die Zahlen der Corona-Infizierten würden vermutlich stark steigen und die 1000er-Marke der nachgewiesenen Neuinfektionen erreicht werden. Aber: „Dadurch nicht in Panik geraten, Wirkung der Maßnahmen dauert noch.“
Aber was kommt da noch auf uns zu, wenn schon das Rote Kreuz ausrückt, um uns zu warnen? Der Tweet sorgte jedenfalls für reichlich Diskussionen. Foitik setzte ihn ab, damit sich die Bürgerinnen und Bürger „hoffentlich“an die seit Montag geltenden Verschärfungen halten und nicht in zwei Wochen sagen, dass das alles nichts geholfen hat, weil die Zahlen trotzdem weiter steigen, sagt er im STANDARD-Gespräch. „Die Erfahrung zeigt, dass man die Hygienemaßnahmen erst viel später in den Zahlen sieht.“Es sei ein logischer Trugschluss, wenn man glaubt, durch Händewaschen, Abstandhalten und mit einem Mund-Nasen-Schutz im Innenraum „ist morgen wieder alles gut“.
Das Gegenteil ist der Fall. Foitik beschreibt bedenkliche Tendenzen. Waren bis vor kurzem noch bis zu 25 Patienten auf der Intensivstation, sind es inzwischen bis zu 70. Die Zahl könnte in den „nächsten drei, vier Wochen“weiter ansteigen, da auch wieder mehr ältere Personen an Corona erkranken, die eher einen schweren Verlauf durchmachen.
Das Corona-Grippe-Match
„Die große Frage ist, schaffen wir es bis Mitte, Ende Oktober, die Zahlen wieder auf ein Niveau zu bringen, das vernünftig ist?“, sagt Foitik. Denn dann gesellt sich zur CoronaPandemie ein weiteres Problem: Die Erkältungskrankheiten werden mehr. „Das ist insofern ein Problem, weil die Diagnose von Corona durch die Ähnlichkeit der Symptome schlechter und die Zahl der Kranken und Verdachtsfälle insgesamt größer wird und die Systeme für die Kontaktnachverfolgung und Tests, die jetzt schon am Limit sind, noch weiter ausgereizt werden“, skizziert Foitik die Ausgangslage. In einer typischen Grippesaison sind im Oktober
bis zu 6000 Menschen krank, in der zweiten Februarwoche etwa 25.000 am Tag, rechnet der Bundesrettungskommandant vor. „Wenn wir die Zahl der Erkrankten, die aufgrund ihrer Symptome als CoronaVerdachtsfall gelten, im Februar auf das Oktoberniveau bringen, dann schaffen das die Contact-TracingSysteme“, sagt Foitik. „Gelingt das nicht, dann wird es ganz, ganz schwierig.“Die gute Nachricht sei, dass die Hygienemaßnahmen gegen Corona, Erkältungskrankheiten und Influenza wirken.
Auf Regierungskritik lässt sich Foitik nicht ein. Er will nicht kommentieren, ob Gesundheitsminister und Kanzler früher auf die steigenden Zahlen hätten reagieren müssen. Auch nicht darauf, ob der Mund-Nasen-Schutz wie in anderen Ländern auch im Sommer in Innenräumen hätte gelten sollen. „Das ist unerheblich, wichtig ist, dass sich die Menschen jetzt daran halten.“
Nun gelte es, die Hygienemaßnahmen wieder stärker zu kommunizieren. „Ich komme mir zwar vor wie ein Wurlitzer, in dem alle Platten gleich sind“, sagt Foitik. „Aber es hilft.“Ihn und die Taskforce beschäftigt dieser Tage auch, wie ein Impfprogramm orchestriert und ein „Lockdown 2.0“aussehen könnte, sollte sich die Situation zuspitzen.
Eine App fürs Gasthaus
Vor allem die Gastronomie kristallisiert sich immer stärker als Corona-Faktor heraus. Foitik und das Rote Kreuz kämpfen fast seit Anbeginn der Pandemie dafür, dass die Stopp-Corona-App von der Gesellschaft stärker verwendet wird. So ganz will das aber nicht klappen. Aber wäre sie nicht ein Instrument, um in der Gastronomie mehr Sicherheit zu schaffen?
Nein, sagt Foitik. Dafür sei die Corona-App nicht ausgerichtet und programmiert. Dadurch, dass der Austausch von Nutzern anonym stattfindet, könne sie Behörden bei der Aufklärung nicht helfen. Abgesehen davon reiche das Bluetooth-Signal nur zwei bis drei Meter weit. „Wenn jemand im Gasthaus fünf Meter weiter weg sitzt, wird er davon nicht mehr erfasst.“Dafür brauche es eine andere App, die einem das „gleichzeitige Einloggen“in einem Lokal ermöglicht. Aber das könne dann nicht anonym funktionieren, erklärt Foitik. Genau das würden die Leute aber nicht wollen, glaubt er.