Die Geldwaschmaschine
Die Enthüllungen der FinCEN-Files schlagen sich auch auf den Börsen nieder. Besonders die Aktien der Deutschen Bank sackten ab. Das Geldhaus kommt in dem Datenleck besonders oft vor.
NAloysius Widmann
ach den Enthüllungen vom Wochenende wurden am Montag an den Börsen Wunden geleckt. Egal ob im österreichischen Leitindex ATX, im Frankfurter Dax oder an der Londoner Börse: Die Papiere von Banken tendierten tiefrot. Der Aktienkurs der Großbank HSBC ist am Montag sogar auf den tiefsten Stand seit 25 Jahren gesunken. An der Wall Street verloren JP Morgan und Bank of New York Mellon im vorbörslichen Handel jeweils rund drei Prozent.
Grund für die herben Verluste sind die FinCEN-Files, vertrauliche Dokumente aus dem US-Finanzministerium, die dem Portal Buzzfeed zugespielt wurden – eingangs genannte Banken tauchen in den Papieren immer wieder auf. Ein weltweites Recherchenetzwerk hat die Dokumente ausgewertet und aufgedeckt, dass Banken aus aller Welt,
ZIEL Einschleusung krimineller Erlöse in den [legalen] Finanzkreislauf
Umtausch in andere Währungen Umtausch in andere Stückelungen Bargeld | Transport Bargeld | Einzahlungen womöglich über Jahre hinweg, trotz strenger Vorgaben Geschäfte mit hochriskanten Kunden abgewickelt haben. Die Vorgänge seien sehr zögerlich und zum Teil mit jahrelanger Verspätung gemeldet worden – ideale Bedingungen für Geldwäsche.
Deutsche Bank im Fokus
Besonders häufig taucht in den FinCEN-Files allerdings der Name eines deutschen Geldhauses auf: der Deutschen Bank. Die Süddeutsche Zeitung, die an der Recherche beteiligt war, berichtete, dass Geldwäscher die Infrastruktur von Deutschlands größter Bank über einen längeren Zeitraum und in größerem Umfang genutzt hätten, als bisher angenommen. In der Bank hätten Sicherheitssysteme versagt. Besonders Deutsche-BankChef Christian Sewing trage eine Mitverantwortung, da er damals Leiter der Konzernrevision gewesen sei. Die Deutsche Bank wies den BeKorrespondenzbanken
ZIEL Verschleierung der kriminellen Herkunft der Erlöse
Elektronische Geldüberweisungen Bargeld | Abhebungen Bargeld | Einzahlungen auf andere Bankkonten Splitten und Zusammenführen von Geldbeträgen auf verschiedenen Bankkonten richt zurück. Die Aktie des Geldhauses brach am Montag phasenweise um rund acht Prozent ein.
Die FinCEN-Files beweisen zwar – streng genommen – noch nicht Geldwäsche in biblischem Ausmaß. Denn damit Geld als schmutzig gilt, muss erst nachgewiesen werden, dass das Geld auch illegal erworben wurde. Die geheimen Dokumente zeigen aber, wie einfach illegal erworbenes Geld im globalen Finanzwesen reingewaschen werden kann und wie viele Verdachtsfälle letztlich ohne Sanktion bleiben.
Späte Meldungen
ZIEL Konstruieren einer scheinbar legalen Erklärung für die kriminellen Erlöse
Fingieren von Darlehen | Umsätzen, Veräußerungsgewinnen, notariellen Urkunden, Verträgen, Bilanzen Verschleiern der [tatsächlichen] Eigentumsverhältnisse
Banken melden verdächtige Transaktionen – wenn auch oft stark verspätet – meist an die zuständigen Behörden. Die Transaktion wird aber oft trotzdem abgewickelt. Bis die teils überforderten Behörden einem Geldwäscheverdacht nachgegangen sind, ist das Geld oft längst schon weißgewaschen, die Spuren über
Verwendung inkriminierter Geldmittel für Geschäftsvorgänge Dritter
ZIEL Verwendung krimineller Erlöse zum persönlichen Vorteil
und verwischt.
Laut Medienberichten sind die Verdachtsmeldungen vonseiten der Banken in den vergangenen Jahren extrem stark angestiegen. Damit (über-)erfüllen Banken ihre Pflicht, verdächtige Transaktionen zu melden, erschweren den Behörden aber die Arbeit beim Aufdecken von kriminellen Machenschaften. Die zuständige US-Behörde FinCEN musste sich 2019 etwa durch mehr als zwei Millionen Verdachtsmeldungen zu mehreren Millionen Transaktionen arbeiten – mit rund 340 Mitarbeitern. In Österreich ist das Bundeskriminalamt zuständig, rund 3500 Meldungen gehen jährlich ein. Mit mehr als zehn Mitarbeitern sei das bewältigbar.
Der für seinen Einsatz gegen Geldwäsche und Steuervermeidung bekannte grüne Europaabgeordnete Sven Giegold sieht in den FinCENFiles jedenfalls einen Weckruf. Er
Briefkastenfirmen
Liquidität | zur Verfügung stehende Barmittel
Verbrauch Anlagen attackiert nicht nur die Banken, die nach wie vor Geldwäsche in großem Stil zuließen, sondern auch die Regierungen. „Es ist ein Staatsversagen, dass sich staatliche Behörden seit Jahren unfähig zeigen, diesem Treiben ein Ende zu bereiten“, erklärte Giegold.
Und auch in der Finanzwelt sieht man die Enthüllungen durchaus als Erschütterung, die mehr als Kursverluste von Bankaktien zufolge haben könnte. „Der Gestank von Korruption und Geldwäsche wird noch lange Zeit über den größten Banken schweben“, sagte Chefanalyst Neil Wilson vom Brokerhaus markets.com. Noch sei unklar, inwieweit die Vorwürfe neu seien und ob sie durch bereits erfolgte Strafen der Aufsichtsbehörden abgedeckt seien.
Das Journalistenkollektiv, das die FinCEN-Files über Monate ausgewertet hat, hat in dem Zusammenhang weitere Enthüllungen angekündigt.