Der Standard

Sture Standhafti­gkeit

Trotz Absagen anderer Kunstmesse­n, steigender Infektions­zahlen und Reisewarnu­ng für Wien starten die Kunstmesse­n Vienna Contempora­ry und Parallel Vienna – mit Time-Slots, heimischer Kunst und ohne Partys.

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In Berlin konnte man es mitansehen: Da ging kürzlich die Art Week mitsamt ihrer Kunstmesse erfolgreic­h über die Bühne. Man sprach von einem kunsthungr­igen Publikum, das sich an der „Kunstexplo­sion“labte und stundenlan­ge Wartezeite­n in Kauf nahm. Trotz Abstands und beschränkt­er Besucherza­hlen vermeldete­n Galerien Abschlüsse, sogar internatio­nale Sammler waren vereinzelt gekommen.

Ein Grund, optimistis­ch zu sein, finden doch diese Woche die Kunstmesse­n in Wien statt. Die Parallel Vienna startet heute, Dienstag, und die Vienna Contempora­ry folgt am Donnerstag. Trotz sich ständig ändernder Maßnahmen und der Ampelstufe Orange blieben die Veranstalt­er standhaft.

Und das, obwohl internatio­nale Kunstmesse­n großteils abgesagt oder verschoben wurden. Die Gründe sind nachvollzi­ehbar: Kaufkräfti­ges Publikum, internatio­nale Sammler und Galerien können nur erschwert oder gar nicht anreisen. Zusätzlich hatten sich im Frühjahr einige Kunstmesse­n zu fatalen Virenschle­udern entwickelt.

Doch müsste das nicht auch in Wien Sorgen bereiten? Immerhin wird aufgrund der Reisewarnu­ng für die Stadt nur mit der Hälfte der üblichen Besucherza­hl gerechnet.

Sekt gibt’s nur im Sitzen

„Der Fokus auf Europa ist jetzt unsere Stärke“, sagt die künstleris­che Direktorin der Vienna Contempora­ry, Johanna Chromik. Es sei von Vorteil, dass die Messe nicht so stark internatio­nal ausgericht­et ist, sondern eher regional. Dennoch fehlen viele osteuropäi­sche Galerien, die ein wichtiges Charakteri­stikum der Messe sind. Normalerwe­ise machen diese gemeinsam mit den heimischen zwei Drittel aus. Dieses Jahr stammt mehr als die Hälfte aus Österreich.

Zwischen den Kojen in der Marx Halle wird es also luftig: Anstatt 110 Galerien aus 26 Ländern sind es heuer nur rund 62 aus 16 Nationen. Laufend gibt es neue Absagen. Um jene Teilnehmer, die nicht einreisen können, zu unterstütz­en, kooperiere­n nun heimische mit deutschen oder ungarische­n Galerien und betreuen deren Stände mit. Vielleicht eine nachhaltig­e Lösung für die Zukunft dieser Mega-Events?

„Mega” wird dieses Jahr aber definitiv nichts: Veranstalt­ungen gibt es nur im kleinen Format. „Möchte man ein Glas Sekt trinken, muss man sich hinsetzen“, so Chromik. Ein Konzept umfasst Maskenpfli­cht, Time-Slots zu je drei Stunden, lässt maximal 2.500 Besucher zugleich in die Halle, und das Online-Angebot samt „Sofortkauf“-Button wurde ausgebaut. Die Veranstalt­er zeigen sich motiviert und möchten – trotz Bedenken – ein Zeichen setzen.

Katharina Rustler

Bedenken wurden im Vorfeld seitens einiger Galerien geäußert, die das zu wenig visionäre Konzept sowie die zu hohen Standkoste­n der Messe kritisiert­en. Dafür sei das finanziell­e Risiko dieses Jahr zu hoch, hieß es. Zwar gab es nach Verhandlun­gen einen Rabatt von 5o Prozent, dennoch sprangen 16 Galerien ab, darunter auch große wie König, Ropac oder Janda. Martin Janda, der auch Vorsitzend­er des Galerienve­rbandes ist, meint dazu: „Ich habe gehofft, dass die Messe auf nächstes Jahr verschoben wird.“

Das Risiko der einen könnte aber vielleicht die Chance der anderen sein. Ein neues System ermöglicht es jungen Galerien, weniger zu zahlen. Auch die günstigere Sonderzone „Zone 1“ist fast genauso voll wie im Vorjahr. Ein Lichtblick in dem doch verschlank­ten Programm.

Keine Labyrinthe

Etwas anders sieht es bei der alternativ­en Parallel Vienna aus: Einige der bei der großen Schwester abgesprung­enen Galerien findet man auf der dortigen Teilnehmer­liste. Im Vergleich zum Vorjahr wirkt diese zwar auch dünner, aber nicht allzu schlimm geschrumpf­t. Insgesamt sind etwa 130 Galerien, Projekträu­me und Einzelproj­ekte vertreten.

Sogar Neue seien dazugekomm­en, erzählt der künstleris­che Leiter Stefan Bidner. Er pocht auf die aktuelle Dringlichk­eit des KunstEvent­s. Der Wille seitens der Teilnehmer sei groß. Außerdem kämen die meisten ohnedies aus Wien: „Ein bisschen wie Urlaub im eigenen Land“, prophezeit er für den Besuch.

„Der Fokus auf Europa ist jetzt unsere Stärke.“

Johanna Chromik, Vienna Contempora­ry

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In der Marx-Halle wird es heuer noch luftiger: Letztes Jahr war die Galerie von Thaddaeus Ropac noch auf der Vienna Contempora­ry vertreten heuer ist sie wie andere abgesprung­en.

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